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Kants Begriff der Vernunft.

Marx, Esther
In: Kant-Studien, Jg. 110 (2019-03-01), Heft 1, S. 1-48
Online academicJournal

Kants Begriff der Vernunft 

The task of this article is to explore whether Kant developed his insights into reason on the basis of a pre-conceptual paradigm and to explain the functions assumed in this paradigm by metaphorical devices. As far as methods are concerned, the author refers to Lichtenberg's ideas concerning paradigmatic cognition, but also to Blumenberg, who conceded important functions of orientation to pre-conceptual constructions of knowledge. Starting from the metaphor of a tree ofknowledge, Kant develops a paradigm, which includes analogies with the natural sciences of the Modern era. Kant's reasoning also refers to the paradigm of the courtroom hearing. The author considers that both paradigms are essential to the foundation of Kant's concept of reason.

Keywords: Blumenberg; „Stämme der Erkenntnis"; metaphorology

Einleitung

Der Experimentalphysiker und Philosoph Georg Christoph Lichtenberg

verweist 1793 in einem seiner ‚Sudelbücher', dem ‚Sudelbuch' K, darauf, dass er glaube, dass man durch ein aus der Physik gewähltes Paradigma auf kantische Philosophie hätte kommen können.

Diese Äußerung wird in diesem Beitrag auf die Kritiken der reinen Vernunft und der praktischen Vernunft als einem wesentlichen Bestandteil der kantischen Philosophie angewendet: Wenn Lichtenberg mit seiner Aussage meint, dass [2] seine Vernunftkritik durch ein Paradigma aus der Physik hätte entwickeln können, dann gibt er dadurch gleichzeitig zu verstehen, dass [3] gerade dies nicht getan habe. Infolgedessen sind zwei Auffassungen möglich: Entweder hat Kant seine Vernunftkritiken nicht paradigmatisch entwickelt, sondern womöglich begrifflich, oder er hat sie zwar paradigmatisch entwickelt, aber nicht aus einem Paradigma der Physik. Daraus ergibt sich die Fragestellung, welcher diese Abhandlung nachgeht. Es wird untersucht, ob Kant überhaupt seine Vernunftkritik aus einem Paradigma entwickelt, und falls es zutrifft, aus welchem er sie entwickelt. Um es herauszufinden, werden Kants Kritiken der reinen und der praktischen Vernunft dahingehend analysiert. Zu diesem Zweck wird zunächst angenommen, dass es kein Paradigma für die Erkenntnisentwicklung gibt und Metaphern im Text nur illustrative Funktion besitzen, d. h. sie veranschaulichen das begrifflich Mitgeteilte und liefern Anwendungsbeispiele. Im Zentrum der Untersuchung steht dabei der Begriff der Vernunft, den Kant expliziert. In der Analyse stellt sich jedoch heraus, dass dieser Begriff und die mit ihm verknüpften Begriffe ihrerseits eine Hintergrundmetaphorik besitzen, die aber keine oder keine ausschließlich illustrative Funktion hat. Ausgehend von dem Begriff der Vernunft, der in den beiden Kritiken expliziert wird, wird in diesem Beitrag seine Hintergrundmetaphorik präsentiert und zu ihrem Ursprung zurückverfolgt, um möglicherweise ein erkenntnisleitendes Paradigma zu entdecken. Ziel der Abhandlung ist es, den Erkenntnisgang vom Paradigma zur eigentlichen Erkenntnis zu skizzieren, der sich in den beiden Werken manifestiert. Während der Untersuchung wird jedoch offensichtlich, dass es nicht ein Paradigma, sondern zwei Paradigmata gibt, die erkenntnisleitende Funktion besitzen. Als Ergebnis dieses Beitrags in Bezug auf die beiden Kritiken der Vernunft ist festzuhalten, dass zwar ihre Struktur logisch und ihr Aufbau dialektisch ist, aber ihre Erkenntnis paradigmatisch entwickelt wird. Aus der logischen Struktur resultiert ihre Rationalität, aus dem dialektischen Aufbau ihre Wahrheit.

Aus ihrer paradigmatischen Erkenntnis jedoch resultiert ihre wissenschaftliche Erkenntnis. Am Ende muss man Lichtenberg zugestehen, dass er mit seiner Äußerung Recht hatte, da es sich nicht nur um ein Paradigma handelt, sondern um zwei Paradigmata, und dass er Recht hatte, weil es sich bei beiden Paradigmata nicht um eines aus der Physik handelt, sondern um eines aus dem Bereich des Gerichtswesens und um eines aus dem Bereich der Biologie. Andererseits kann man Lichtenberg jedoch vorhalten, dass er Unrecht hatte, da Kant seine Vernunft-Erkenntnis aus einem Paradigma entwickelt hat und zwar nicht aus einem Paradigma der Metaphysik, sondern aus Paradigmata des Physischen. Ein Irrtum Lichtenbergs besteht darin, dass er nicht erkennt, dass es sich bei dem einen Paradigma zwar nicht um ein Paradigma aus der Physik handelt, aber um das Paradigma der Physik selbst, nämlich der Physik als moderner Naturwissenschaft. Da es sich bei Lichtenbergs Äußerung jedoch um eine Vermutung handelt, die zu seiner Zeit nicht veröffentlicht worden ist, sollte man sie besser als Denkanstoß verstehen, der die Spur zu einer möglichen Entdeckung aufnimmt.

1 Die Metapher als Ausgangspunkt des Paradigmas

Laut Lichtenberg ist es möglich, mithilfe eines Paradigmas einen unbekannten Sachverhalt zu entdecken. Es handelt sich dabei um eine Übertragung, durch die es möglich wird, den Sachverhalt schrittweise zu erkunden und zu beschreiben. Eine solche Übertragung ist ein sprachliches Verfahren. Zu Beginn der Übertragung muss es einen Anknüpfungspunkt geben. Dieser kann zum Beispiel eine Metapher sein. Hans Blumenberg

bestimmt die Metapher zunächst anhand verschiedener Definitionen allgemein als eine Störung des Textzusammenhanges, d. h. als semantische Anomalie, die in einem Kontext auftritt, der ein Wort nur schwach determiniert, sodass es etwas anderes meint als es bedeutet.

Als Beispiele führt er an: Die Wieselacht'.

Die Welt ist ‚der geometrische Ort aller Punkte'. Die Geschichte ist eine ‚Mühle'.

Dass nach Demokrit der Mensch ‚eine kleine Welt' sei, ist laut Blumenberg vielleicht die erste bewusste Kosmos-Metapher. Georg Büchner habe in „Dantons Tod" die Schöpfung ‚die Wunde des Nichts' genannt.

Blumenberg unterscheidet neben Metaphern als rhetorischen Kunstmitteln solche, die als Restbestände in der philosophischen Sprache existieren, und solche, die als Grundbestände in der Philosophie bestehen. Die ersten seien Rudimente auf dem Wege vom Mythos zum Logos, die zweiten seien ‚Übertragungen', die sich nicht ins Eigentliche, in die Logizität zurückholen holen lassen. Sie besitzen eine begrifflich nicht ablösbare Aussagefunktion.

Hans Blumenberg nennt diese Metaphern ‚absolute Metaphern': „Daß diese Metaphern absolut genannt werden, bedeutet nur, daß sie sich gegenüber dem terminologischen Anspruch als resistent erweisen, nicht in Begrifflichkeit aufgelöst werden können, nicht aber, daß nicht eine Metapher durch eine andere ersetzt bzw. vertreten oder durch eine genauere korrigiert werden kann."

Vom Mythos unterscheidet sich die absolute Metapher darin, dass sie als Fiktion auftreten darf, aber eine Möglichkeit des Verstehens ablesbar macht.

Als Beispiel für eine absolute Metapher führt Blumenberg Heraklits Auffassung des Denkens als ‚Feuer' an: „Es mag die erste absolute Metapher der Philosophie gewesen sein, daß Heraklit das Denken als Feuer beschrieb, nicht nur, weil Feuer das göttliche Element für ihn war, sondern weil es die Eigenschaft hat, ständig Fremdes aufzunehmen und in sich zu verwandeln."

Um aus einer Metapher ein Paradigma zur Erkenntnisgewinnung zu entwickeln, bedarf es folgender Voraussetzungen:

  • Die Metapher erfasst als solche das Wesen der Sache, für die sie steht, oder zumindest einen wesentlichen Aspekt. Blumenberg erläutert es am Beispiel der ‚lachenden' Wiese : „Was in den Eigenschaften einer Wiese unter objektivem Aspekt nicht vorkommt, aber auch nicht die subjektiv-phantastische Zutat eines Betrachters ist, der nur für sich die Konturen eines menschlichen Gesichts aus der Oberfläche der Wiese herauslesen könnte [...], wird von der Metapher festgehalten."
  • Sie besagt laut Blumenberg, dass die Wiese nur in einer menschlichen Lebenswelt existiert, in der nicht nur Worte und Zeichen, sondern auch Gegenstände ‚Bedeutungen' haben wie im Urtyp von Gesicht.
  • Die Metapher steht innerhalb eines metaphorischen Feldes, welches dem Sachgebiet entspricht, in vielfältigen Beziehungen zu anderen Metaphern. Im folgenden Beispiel gehören die metaphorischen Ausdrücke Licht , beleuchten , sehen , Aspekt , welche durch Blickwinkel , Standpunkt , Sichtweise u. a. ergänzt werden könnten, demselben Metaphernfeld an:

In der Idee der ‚Methode', die von Bacon und Descartes ihren Ausgang nimmt, wird ‚Licht' als verfügbar gedacht. Das Gegebene steht nicht mehr im Licht, sondern es wird von einem bestimmten Aspekt her beleuchtet. Für das Ergebnis kommt es auf den Winkel an, aus dem das Licht auf den Gegenstand fällt und aus dem er gesehen wird - Bedingtheiten der Perspektive und ihre Bewußtmachung, ja ihre freie Wahl, bestimmen nun den Begriff des ‚Sehens'.

  • Die Metaphorik wird entfaltet und bietet in ihren inneren Beziehungen Analogien hinsichtlich der wesentlichen Sachbezüge und Sachverhalte. Blumenberg verweist beispielsweise auf die Rolle der Metaphorik in Friedrich Mieschers Forschungen zum Grundprinzip des Zeugungsvorgangs:

Auch Miescher orientiert sich an Vertrautem; er neigt dazu, den strukturbildenden Prozeß aus der Analogie zur Kristallisation und der Rolle des ‚Kerns' dabei begreifen zu können. [...] In einem frühen Brief hat Miescher für die aufkommende Verlegenheit einer funktionellen Erklärung der Differenz von Sperma und Ei die erste und bezeichnenderweise ganz mechanistische Metapher gefunden. [...] Daraus ergibt sich dann, was im Vorgang der Befruchtung geschehen könnte. Die Metapher geht auf zum Gleichnis [...]. Was sich dabei abspielt, erfordert den Griff nach einer Metapher, weil es sich offenkundig der Beschreibung entzieht, aber die Imagination eines bedeutungsvollen Rituals nahelegt. [...] Die Überlegung, welche Funktion die stereochemischen Varianten spezifisch identischer Verbindungen bei Zellvermehrung wie Befruchtung haben könnten, führt Miescher auf eine ganz andere als die bis dahin durchprobierte Metaphorik [...]. Vergessen wir nicht, Miescher hat über die Metapher der alphabetischen Kombinatorik von Wörtern und Begriffen den Ausweg aus seiner bloß mechanischen oder motorischen Auffassung des Verhältnisses von Sperma und Ei gefunden.

  • Ohne diese Entfaltung der Metaphorik und der daran anknüpfenden Aufstellung von Analogien gäbe es keine Erkenntnis des Sachverhaltes und der tatsächlichen Verhältnisse. Blumenberg weist auf einen solchen Zusammenhang hin, wenn er schreibt, dass die Fortschritte in der Genetik nicht zuletzt dadurch zustande gekommen seien, dass Schrödingers metaphorischer Einfall beim Wort genommen wurde: „Vielleicht am ehesten in der Gestalt, die er ihm gegen Ende seines Zyklus [„What is Life?"] gegeben hat: in der Analogie zum Morseschlüssel."

Wenn diese Bedingungen nicht erfüllt sind, handelt es sich nicht um ein Paradigma zur Erkenntnisgewinnung. Die Überprüfung der Voraussetzungen kann jedoch erst nach der vollständigen Entfaltung der Metaphorik und der Aufstellung einer möglichst großen Zahl von Analogien erfolgen. In der Regel wird im sprachlichen Prozess der Entfaltung jedoch deutlich, dass eine Ausgangsmetapher weitere oder andere Möglichkeiten der Analogiebildung bietet, die zu Anfang nicht erkannt worden waren. So wird auch der Sachverhalt immer differenzierter betrachtet. Am Ende verliert die Metaphorik u. U. ihren metaphorischen Charakter und die Analogie wird aufgegeben. Stattdessen wird nun mit neu entstandenen Begriffen und Definitionen der Sachverhalt als solcher dargestellt. Blumenberg verweist auf diese Praxis am Beispiel der Genforschung:

Die Theorie bricht die Eselsbrücke der Veranschaulichung, welchen Dienst immer sie bei der Modellbildung geleistet haben mag, hinter sich ab, sobald sie analytisch und funktional vorangekommen ist. Wenn begriffen ist, wie das Genom es ‚macht', ständig identische Spezialitäten von Eiweißen produzieren zu lassen, braucht es nicht mehr als der Text betrachtet zu werden, nach dessen Rezeptur verfahren wird.

Es kann sich auch im Verlauf der Erkenntnisgewinnung ergeben, dass ein Paradigma, welches zunächst herangezogen wurde, wieder aufgegeben wird, um ein passenderes Paradigma für die weitere Forschung auszuprobieren.

1.1 Definition des Paradigmas

Ein Paradigma ist nach Lichtenberg ein Instrument, das dazu dient, Erkenntnis zu generieren. Er spricht aus Sicht eines Konstrukteurs

von einem Hebewerkzeug oder Organon:

Ich glaube unter allen [...] heuristischen Hebezeugen (organis) ist keines fruchtbarer als das was ich Paradigmata genannt habe. Ich sehe nämlich nicht ein warum man nicht bei der Lehre vom Verkalchen der Metalle sich Newtons Optic zum Muster nehmen könne. Denn man muss notwendig heutzutage anfangen auch bei den ausgemachtesten Dingen, oder denen wenigstens die es zu sein scheinen, ganz neue Wege versuchen. Die Gleise oder vielmehr die gebahnten Wege sind etwas sehr Gutes, aber wenn niemand nebenher spazieren [gehen] wollte, so würden wir wenig von der Welt kennen. Die Leute die in der Gegend wohnen, das ist die die sich in der Welt nur einem kleinen Fach widmen müssen alles versuchen. Der Reisende bleibt auf der Chaussee der Gutsbesitzer muss alle Stellen untersuchen.

Erfindungsregeln durch Paradigmata helfen laut Lichtenberg dabei, neue Entdeckungen zu machen. Er nennt ein Beispiel für ein Paradigma: „Wenn wie einmal HE. HofR. Kästner mutmaßte, Newton durch seine Lichtgeschichte auf das Gesetz der Schwere kam so ist dieses ein Paradigma."

Diese Vorstellung des Paradigmas entfaltet Hans Blumenberg in seinem Buch Paradigmen zu einer Metaphorologie aus dem Jahr 1960 vom Standpunkt des Analytikers: „Einer Analyse muss es ja darauf ankommen, die logische ‚Verlegenheit' zu ermitteln, für die die Metapher einspringt, und solche Aporie präsentiert sich gerade dort am deutlichsten, wo sie theoretisch gar nicht ‚zugelassen' ist."

Er richtet seine Analyse auf die Erschließung der Fragen, auf die Antwort gesucht und versucht werde, Fragen präsystematischen Charakters, deren Intentionsfülle die Metaphern gleichsam ‚provoziert' habe. Blumenberg stellt die These auf, dass sich überall in der Sprache Indizien dafür finden, dass in einer untergründigen Schicht des Denkens immer schon Antwort auf diese Fragen gegeben worden sei, die zwar in den Systemen nicht formuliert enthalten, wohl aber implizit durchstimmend, färbend, strukturierend, gegenwärtig und wirksam gewesen sei.

Er entdeckt, dass sich der Begriffswandel in der Philosophie am Leitfaden metaphorischer Vorstellungen vollzieht.

Terminologische Aussagen der analysierten Texte orientieren sich an einem metaphorischen Hintergrund: „Das bedeutet, daß Metaphern in ihrer hier besprochenen Funktion gar nicht in der sprachlichen Ausdruckssphäre in Erscheinung treten brauchen; aber ein Zusammenhang von Aussagen schließt sich plötzlich zu einer Sinneinheit zusammen, wenn man hypothetisch die metaphorische Leitvorstellung erschließen kann, an der diese Aussagen ‚abgelesen' sein können."

Für diesen Sachverhalt schlägt Blumenberg den Begriff ‚implikatives Modell' vor.

1.2 Die Funktion der Metapher

Die Funktion der Metapher im implikativen Modell ist es nicht, den begrifflichen Sachverhalt zu illustrieren oder Anwendungsbeispiele für begriffliche Zusammenhänge darzustellen. Sie besitzt auch keine rhetorische Funktion der Ausschmückung dessen, was schon im Text mitgeteilt worden ist. Ihre Funktion müsste sich dadurch erkennen lassen, indem man sie im Text durch eine andere Metapher ersetzt und dabei erkennt, dass der folgende Text sich mit der neuen Ersatzmetapher nicht mehr in einem gedanklichen Einklang befindet. Nach Blumenberg wäre in diesem Fall die Orientierung der Aussagen am metaphorischen Hintergrund verlorengegangen, womit auch die Kohärenz des Textes aufgehoben ist.

Diese Ersetzungsprobe dient dazu, herauszufinden, ob es sich um eine Metapher mit ausschließlich illustrativer Funktion handelt oder nicht. Sie ist von der Ersetzung, Vertretung und Korrektur einer Metapher durch eine andere im Verlauf eines Textes, welche Blumenberg anspricht

, zu unterscheiden. Kann die Metapher nicht fortgelassen werden und geht durch eine mögliche Ersatzmetapher, welche in anderen Kontexten durchaus fähig wäre, die Originalmetapher zu ersetzen oder selbst durch diese ersetzt zu werden, der gedankliche Einklang und die Kohärenz des Textes verloren, dann hat die originale Metapher nicht nur einen illustrativen Zweck.

Nach Blumenberg besteht die Funktion der Metapher darin, eigentümliche Vorgriffe unserer Imagination auf noch nicht Verstandenes zu leisten.

Die Metapher besitzt in diesem Zusammenhang Orientierungsfunktion und generiert Fragen und Antworten in Bezug auf einen Sachverhalt. Sie beeinflusst die Gedanken und Vorstellungen über einen Sachverhalt und führt zu Begriffen, Theorien und Begriffssystemen. Blumenberg nennt sie als solche eine „absolute Metapher"

. Es bedeutet, dass sie nicht statt Metapher Begriff sein kann.

Dabei hält die Metapher selbst den strengen wissenschaftlichen Ansprüchen an eine Terminologie nicht stand: „Sofern also ‚Wahrheit' das Ergebnis eines methodisch gesicherten Verfahrens der Bewahrheitung ist bzw. ex definitione zu sein hat, kann die Metaphorik diesem Anspruch nicht genügen, sagt also nicht nur nicht die ‚strenge Wahrheit', sondern überhaupt nicht die Wahrheit."

Die Wahrheit der Metaphern ist laut Blumenberg eine historische und im weitesten Sinne pragmatisch: „Ihr Gehalt bestimmt als Anhalt von Orientierungen ein Verhalten, sie geben einer Welt Struktur, repräsentieren das nie erfahrbare, nie übersehbare Ganze der Realität. [...] Die Wahrheit der Metapher ist eine vérité à faire."

Metaphorik kann laut Blumenberg auch dort im Spiel sein, wo ausschließlich terminologische Aussagen auftreten, die aber ohne Hinblick auf eine Leitvorstellung, an der sie induziert und ‚abgelesen' sind, in ihrer umschließenden Sinneinheit nicht verstanden werden können.

Dementsprechend müssten bei einem Austausch von Metaphern Verständnisschwierigkeiten in Form von Widersprüchen und Inkohärenzen generiert werden, die bei der absoluten Metapher des Originals nicht vorhanden sind. Andererseits würde durch die Bestimmung einer Hintergrundmetaphorik der Sinnzusammenhang terminologischer Aussagen klarer: „Haben wir einen Kunstbau spekulativer Aussagen vor uns, so wird die Interpretation uns erst dann ‚aufgehen', wenn es uns gelungen ist, nachvollziehend in den Vorstellungshorizont des Autors einzutreten, seine ‚Übertragung' ausfindig zu machen."

Eine solche Übertragung bezeichnet Blumenberg als „Hintergrundmetaphorik"

. Es handelt sich dabei um den impliziten Gebrauch einer Metapher.

2 Kants Begriff der Vernunft und seine Metaphorik

Ausgehend von Hans Blumenbergs Metaphorologie wird in diesem Beitrag versucht, den Einfluss der Metaphorik des Begriffs der Vernunft

auf die gedankliche Entwicklung des philosophischen Systems der Erkenntnisse bei Kant zu skizzieren. In der Konzeption Blumenbergs liegt einem philosophischen Begriff, der völlig losgelöst von seiner geschichtlichen Herkunft und Überlieferung zu sein scheint, eine metaphorische Vorstellung zugrunde, die früher einen Sachverhalt umrissen hat, für den es zuvor noch keinen Begriff gegeben hatte. Diese Metaphorik wirkt laut Blumenberg als Hintergrundmetaphorik auf die Richtung des philosophischen Diskurses ein. Sie kann unter Umständen auch auf einen Mythos zurückverweisen, der ihre ursprüngliche Basis bildete. Der Begriff selbst kann zudem, nachdem er sich etabliert hat, wiederum als solcher der Ausgangspunkt für eine neue Metaphorik werden, die sich auf unbekannte Sachverhalte bezieht und im Folgenden neue Begriffe generiert. In diesem Fall fungiert der Begriff selbst als neue Metapher. Hans Blumenberg hat diese Praxis in seinem Aufsatz „Der genetische Code und seine Leser"

exemplarisch am Begriff des Genoms aufgezeigt. Diese Abhandlung beschäftigt sich zwar mit den Voraussetzungen des Begriffs der Vernunft bei Kant und mit den daraus resultierenden Konsequenzen, aber in Abgrenzung zu Blumenberg wird in dieser Abhandlung jedoch nicht eine Archäologie des Begriffs der Vernunft angestrebt, sondern nur die genaue Bestimmung des Begriffs der Vernunft im Kontext der kantischen Vernunft-Kritiken.

Dazu werden die metaphorischen Vorstellungen, die Kants Begriff der Vernunft zugrunde liegen, erschlossen und untersucht. Die primäre Vorstellung der Vernunft, die Kants Begriff der Vernunft zugrunde liegt, ist die Vorstellung eines Diskurses. Im konkreten Sinn ist ein Diskurs ein Gespräch, in dem es in einer dialogischen Struktur von Spruch und Widerspruch zu einer Klärung eines Sachverhalts kommt. Diese primäre, diskursive Struktur, die aus einer durchgängigen Metaphorizität

resultiert, ist in Kants Kritik der Vernunft jedoch von einer naturwissenschaftlichen Struktur überlagert, welche seine Analyseergebnisse in einen Systemzusammenhang stellt. Diese sekundäre Struktur ist bedingt durch eine zweite explizit entfaltete Erkenntnismetaphorik, welche die Vorstellung eines ‚Baumes' der Erkenntnis impliziert, aber nicht auf den biblischen Baum der Erkenntnis rekurriert, sondern eine eigene wissenschaftliche Ausrichtung in Anlehnung an die Naturwissenschaft vornimmt. Diese doppelte Metaphorik des Begriffs der Vernunft bestimmt die Gedankenentwicklung und führt zu immer weiteren Ausdifferenzierungen des Begriffs der Vernunft. Als Metaphorik des Begriffs der Vernunft sind dementsprechend zwei Vorstellungen zu untersuchen, die mit dem Begriff der Vernunft eng verknüpft sind und ohne welche es diesen kantischen Begriff der Vernunft gar nicht gäbe. Ziel der Untersuchung ist es, die spezifische Konzeption des Begriffs der Vernunft bei Kant zu erfassen, um ein besseres Verständnis seiner Vorstellungen über die sachlichen Zusammenhänge zu ermöglichen. Es geht in diesem Beitrag jedoch nicht um die Metaphern Kants, in denen der Begriff der Vernunft eine Rolle spielt, weil die Metaphorik dem Begriff nur zu illustrativen Zwecken beigefügt worden ist. Solche Metaphern, die oft aus dem technischen und physikalischen Bereich stammen, benötigen eine eigene Untersuchung. Zu ihnen gehören zum Beispiel die auch in anderen Zusammenhängen verwendeten Metaphern ‚Triebfeder' und ‚Kraft', welche im Gegensatz zu den beiden oben genannten erkenntnisleitenden Metaphern des Baumes und des Diskurses an einigen Textstellen durch andere Metaphern ersetzt oder fortgelassen werden könnten. Sie sind in dem Fall nicht so eng mit ihrem Gegenstand verbunden, wie im folgenden Zitat deutlich wird:

Also muß die Achtung fürs moralische Gesetz auch als positive, aber indirecte Wirkung desselben aufs Gefühl, so fern jenes den hindernden Einfluß der Neigungen durch Demüthigung des Eigendünkels schwächt, mithin als subjectiver Grund der Thätigkeit, d. i. als Triebfeder zu Befolgung desselben, und als Grund zu Maximen eines ihm gemäßen Lebenswandels angesehen werden.

In diesem Fall illustriert die Metapher der Achtung des moralischen Gesetzes als einer ‚Triebfeder' dasjenige, was als subjektiver Grund der Tätigkeit, die die Befolgung dieses moralischen Gesetzes ist, bezeichnet wird. Die Metapher ergänzt das begrifflich Gefasste und dient zur Veranschaulichung, aber sie könnte hier auch fortgelassen werden, ohne dass der Textzusammenhang beeinträchtigt würde.

Im Folgenden wird versucht, Kants Begriff der Vernunft vorzustellen, um inhaltliche und vor allem auch strukturelle Konsequenzen für den philosophischen Diskurs herauszuarbeiten. Kants Begriff der Vernunft unterscheidet sich in seiner Metaphorik, seinen Prämissen und Voraussetzungen sowie seinen Konsequenzen von dem anderer Philosophen. Sowohl seine inhaltlichen Implikationen als auch seine Auswirkungen auf den Diskurs sind gravierend. Die Metaphorik des Begriffs der Vernunft nimmt dabei eine zentrale Position ein. Ohne sie gäbe es diese fundamentale Unterscheidung nicht und die Differenzen wären kaum greifbar.

2.1 Die Metapher vom ‚Baum' der Erkenntnis

In der Kritik der reinen Vernunft (B) definiert Kant Vernunft als „das Vermögen, welches die Principien der Erkenntniß a priori an die Hand giebt. Daher ist reine Vernunft diejenige, welche die Principien, etwas schlechthin a priori zu erkennen, enthält."

Er erinnert daran, dass es zwei Stämme der Erkenntnis gebe, die vielleicht eine gemeinsame Wurzel besäßen:

Nur so viel scheint zur Einleitung, oder Vorerinnerung, nöthig zu sein, daß es zwei Stämme der menschlichen Erkenntniß gebe, die vielleicht aus einer gemeinschaftlichen, aber uns unbekannten Wurzel entspringen, nämlich Sinnlichkeit und Verstand, durch deren ersteren uns Gegenstände gegeben, durch den zweiten aber gedacht werden. Sofern nun die Sinnlichkeit Vorstellungen a priori enthalten sollte, welche die Bedingung ausmachen, unter der uns Gegenstände gegeben werden, so würde sie zur Transscendental=Philosophie gehören. Die transscendentale Sinnenlehre würde zum ersten Theile der Elementar=Wissenschaft gehören müssen, weil die Bedingungen, worunter allein die Gegenstände der menschlichen Erkenntniß gegeben werden, denjenigen vorgehen, unter welchen selbige gedacht werden.

In dem Zitat wird ein Wurzel-Stamm-Motiv mit Bezug zum Gegenstand der Erkenntnis vorgestellt. Es handelt sich bei den ‚zwei Stämmen der Erkenntnis mit gemeinsamer Wurzel' sprachlich gesehen um eine Metapher

, die die konkrete Vorstellung eines Baumes mit dem abstrakten Begriff der Erkenntnis verknüpft. Diese Metaphorik greift Kant auch in seinen weiteren Äußerungen auf, wenn er von einer Wurzel und zwei Stämmen der Erkenntnis spricht.

Für Kant gehört die Vernunft zu dem zweiten Stamm der menschlichen Erkenntnis, dem Verstand.

Sie ist rational und umfasst das ganze obere Erkenntnisvermögen

:

Wir begnügen uns hier mit der Vollendung unseres Geschäftes, nämlich lediglich die Architektonik aller Erkenntniß aus reiner Vernunft zu entwerfen, und fangen nur von dem Punkte an, wo sich die allgemeine Wurzel unserer Erkenntniskraft theilt und zwei Stämme auswirft, deren einer Vernunft ist. Ich verstehe hier aber unter Vernunft das ganze obere Erkenntnißvermögen und setze also das Rationale dem Empirischen entgegen.

Die Vernunft ermöglicht es dem Verstand, tätig zu werden, indem sie ihm drei Prinzipien an die Hand gibt:

Die Vernunft bereitet also dem Verstande sein Feld: 1. durch ein Princip der Gleichartigkeit des Mannigfaltigen unter höheren Gattungen; 2. durch einen Grundsatz der Varietät des Gleichartigen unter niederen Arten; und um die systematische Einheit zu vollenden, fügt sie 3. noch ein Gesetz der Affinität aller Begriffe hinzu, welches einen continuirlichen Übergang von einer jeden Art zu jeder anderen durch stufenartiges Wachsthum der Verschiedenheit gebietet. Wir können sie die Principien der Homogenität, der Specification und der Continuität der Formen nennen.

In Kants Metaphorik fungiert der Baum als Bild für die Sache, die es zu untersuchen gilt: die Erkenntnis, wie man zu ihr gelangt und was ihre Voraussetzungen sind. Es ist nun nicht gleichgültig, welche bildliche Vorstellung eine Metapher für eine Sache anbietet: Zwei Quellen der Erkenntnis entsprechen in ihren gedanklichen Konsequenzen nicht zwei Stämmen der Erkenntnis, sondern vermitteln eine völlig andere Auffassung von der eigentlichen Sache. Die Original-Metaphern werden im Folgenden zunächst durch eine Wasser-Metaphorik und anschließend durch eine Lichtmetaphorik ersetzt. Die Licht-Metaphorik

besäße eigentlich das Potenzial, für die Metaphorik des Originals einzuspringen, weil sie in einem anderen Kontext bereits für einen ähnlichen Sinnzusammenhang verwendet worden ist:

Die Neuzeit gibt, unter dem normativen Begriff der ‚Objektivität', prinzipiell jeden Vorbehalt in bezug auf die Wahrheit auf: sofern sie einmal dem Gegenstande abgewonnen, abgenötigt ist, wird sie zum öffentlichen Eigentum der Menschheit, zur prinzipiell jedermann zugänglichen Sache; erkennen und ‚veröffentlichen' ist für den professionell fungierenden Forscher der Neuzeit so gut wie dasselbe, und das barbarisch Nackte bleibt Stilmerkmal solcher ‚Veröffentlichung'. Schon in Bacons erstem Essay heißt es: truth is a naked and open day-light that doth not shew the masks and mummeries and triumphs of the world. Der Zugriff der neuen Erkenntnis versteht sich als enthüllend [...] Erkenntnis wird nicht vom Erkannten her gerechtfertigt, sondern ist wesentlich Selbstbestätigung des menschlichen Geistes [...].

Blumenberg verweist ausdrücklich auf die Bedeutung der Licht-Metaphorik in der Aufklärung.

Auch die Wasser-Metaphorik besäße eigentlich aufgrund ihrer Tradition dieses Potenzial, Kants Metaphorik zu ersetzen. Blumenberg verweist zum Beispiel auf den ‚Strom' des Bewusstseins, David [1] spricht in seiner Untersuchung An Enquiry concerning Human Understanding aus dem Jahr 1748 von „sources of our knowledge"

, d. h. von ‚Quellen' unseres Wissens, von möglichen ‚Quellen' des Eindrucks, der ‚Quelle' einer Idee, der ‚Quelle' von Handlungen, aber auch von einer ‚Quelle' von Ungewissheit und Irrtum.

Die Ersetzungsprobe kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass ein Austausch der Original-Metaphern in diesem Textauszug nicht unproblematisch ist. In den folgenden Beispielen sind die Ersetzungen jeweils durch Hervorhebung mit einfachen Anführungszeichen kenntlich gemacht, die Grammatik des Kontextes wurde entsprechend angepasst.

Es treten im Text Inkohärenzen auf, wenn man die einzelnen Metaphern ersetzt: Nur so viel scheint zur Einleitung, oder Vorerinnerung, nötig zu sein, dass es zwei ‚Quellen' der menschlichen Erkenntnis gebe, die vielleicht aus einer gemeinschaftlichen, aber uns unbekannten Wurzel entspringen, nämlich Sinnlichkeit und Verstand, durch deren erstere uns Gegenstände gegeben, durch die zweite aber gedacht werden. [...] Wir begnügen uns hier mit der Vollendung unseres Geschäftes, nämlich lediglich die Architektonik aller Erkenntnis aus reiner Vernunft zu entwerfen, und fangen nur von dem Punkte an, wo sich die allgemeine Wurzel unserer Erkenntniskraft teilt und zwei ‚Quellen' auswirft, deren eine Vernunft ist. Die Inkohärenz besteht in diesem Beispiel darin, dass Quellen nicht aus einer Wurzel entspringen und dass ‚Quellen der Erkenntnis' selbst die objektive Erkenntnis transportieren, während ‚Stämme der Erkenntnis' das subjektive Erkennen ermöglichen. Selbst wenn die gesamte Metaphorik ersetzt würde und in sich konsistent wäre, wäre der Sinnzusammenhang des kantischen Textes nicht herzustellen: Nur so viel scheint zur Einleitung, oder Vorerinnerung, nötig zu sein, dass es zwei ‚Ströme' der menschlichen Erkenntnis gebe, die vielleicht aus einer gemeinschaftlichen, aber uns unbekannten ‚Quelle' entspringen, nämlich Sinnlichkeit und Verstand, durch deren ersteren uns Gegenstände gegeben, durch den zweiten aber gedacht werden. [...] Wir begnügen uns hier mit der Vollendung unseres Geschäftes, nämlich lediglich das ‚Flusssystem' aller Erkenntnis aus reiner Vernunft zu entwerfen, und fangen nur von dem Punkte an, wo sich die allgemeine ‚Quelle' unserer Erkenntniskraft teilt und zwei ‚Ströme' auswirft, deren einer Vernunft ist.

Die Quellen-Metapher ist aus einem weiteren Grund an dieser Stelle nicht möglich, da Kant sie an anderer Stelle speziell auf den Verstand bezieht, der die ‚Quellen'seiner eigenenErkenntnis nicht immer reflektiert.

Es sind demnach die ‚Quellen' der Erkenntnis des einen ‚Stamms' der Erkenntnis, d. h. des mit seinem empirischen Gebrauch beschäftigten Verstandes. Durch eine Ersetzung der Original-Metaphorik wäre diese Unterscheidung nicht mehr gegeben, weil dann zwei verschiedene Dinge mit derselben absoluten Metapher als Quelle benannt würden. Auch eine Ersetzung der Wasser-Metaphorik im oben genannten Beispiel durch eine Licht-Metaphorik könnte die Kohärenz und die Aussage des kantischen Textes nicht erzielen: Nur so viel scheint zur Einleitung, oder Vorerinnerung, nötig zu sein, dass es zwei ‚Strahlen' der menschlichen Erkenntnis gebe, die vielleicht aus einer gemeinschaftlichen, aber uns unbekannten ‚Sonne' entspringen, nämlich Sinnlichkeit und Verstand, durch deren ersteren uns Gegenstände gegeben, durch den zweiten aber gedacht werden. [...] Wir begnügen uns hier mit der Vollendung unseres Geschäftes, nämlich lediglich das ‚Lichtsystem' aller Erkenntnis aus reiner Vernunft zu entwerfen, und fangen nur von dem Punkte an, wo sich die allgemeine ‚Sonne' unserer Erkenntniskraft teilt und zwei ‚Strahlen' auswirft, deren einer Vernunft ist.

In diesem Fall gibt es einen Widerspruch zwischen der Sonne als gemeinsamem Ausgangspunkt der beiden Strahlen und dem Auswerfen von zwei einzelnen Strahlen aus zwei verschiedenen Lichtquellen nach der Teilung der Sonne. Es entsteht aufgrund der Licht-Metaphorik jedoch auch eine etwas andere Vorstellung von der Sache, um die es im Text geht. Sinnlichkeit und Verstand müssten abnehmen, je mehr sie voneinander getrennt sind und sie könnten sich nicht erweitern. In den Fällen der Ersetzungen wird der Text zudem in eine andere philosophische Tradition gestellt, sogar wenn er inhaltlich nicht an sie anknüpfen sollte.

Durch den Vergleich mit den Ersetzungen ist Folgendes deutlich geworden: Kants Metaphorik dient hier demnach nicht zu illustrierenden Zwecken, sondern sie besitzt eine Funktion in seiner Theoriebildung. Ob sie im Zentrum der Theoriebildung steht, muss sich im Verlauf der Analyse erweisen. Es stellt sich zudem die Frage, ob die Metaphorik als vorläufig in Bezug auf die spätere Begriffsbildung zu betrachten ist oder ob sie gar nicht durch Begriffe ersetzt werden kann.

2.2 Die Analogie einer Vernunftwissenschaft zur Naturwissenschaft

Die Metaphorik bietet Kant im Folgenden einen Anknüpfungspunkt an die Naturwissenschaft. Da es sich bei dem Baum um eine Naturerscheinung handelt, kann eine Analogie der „Wissenschaft von der Vernunft" zur Naturwissenschaft hergestellt werden.

Die Naturwissenschaft ist dabei innerhalb dieser Analogie wie der Baum innerhalb der Metapher dem Bildbereich der Metaphorik zuzuordnen, obwohl sie in der Realität konkret als geistige Erkenntnis dem Sachbereich, d. h. dem einen Stamm der Erkenntnis, angehört. Auf diese Analogie verweist Kant explizit in seiner Kritik der reinen Vernunft. Dabei nimmt der Philosoph die gleiche Rolle im Bereich der Vernunft ein, wie ein Naturforscher sie in Bezug auf die Naturwissenschaft innehat:

Diese dem Naturforscher nachgeahmte Methode besteht also darin: die Elemente der reinen Vernunft in dem zu suchen, was sich durch ein Experiment bestätigen oder widerlegen läßt. Nun läßt sich zur Prüfung der Sätze der reinen Vernunft, vornehmlich wenn sie über alle Grenze möglicher Erfahrung hinaus gewagt werden, kein Experiment mit ihren Objecten machen (wie in der Naturwissenschaft): also wird es nur mit Begriffen und Grundsätzen, die wir a priori annehmen, thunlich sein, indem man sie nämlich so einrichtet, daß dieselben Gegenstände einerseits als Gegenstände der Sinne und des Verstandes für die Erfahrung, andererseits aber doch als Gegenstände, die man bloß denkt, allenfalls für die isolirte und über Erfahrungsgrenze hinausstrebende Vernunft, mithin von zwei verschiedenen Seiten betrachtet werden können. Findet es sich nun, daß, wenn man die Dinge aus jenem doppelten Gesichtspunkte betrachtet, Einstimmung mit dem Princip der reinen Vernunft stattfinde, bei einerlei Gesichtspunkte aber ein unvermeidlicher Widerstreit der Vernunft mit sich selbst entspringe, so entscheidet das Experiment für die Richtigkeit jener Unterscheidung.

Überprüft er seine Hypothese jedoch experimentell mit Hilfe eines gedanklichen Experiments, so verhält er sich gleich einem Chemiker, der eine Synthese versucht:

Dieses Experiment der reinen Vernunft hat mit dem der Chemiker, welches sie mannigmal den Versuch der Reduction, im Allgemeinen aber das synthetische Verfahren nennen, viel Ähnliches. Die Analysis des Metaphysikers schied die reine Erkenntnis a priori in zwei sehr ungleichartige Elemente, nämlich die der Dinge als Erscheinungen, und dann der Dinge an sich selbst. Die Dialektik verbindet beide wiederum zur Einhelligkeit mit der nothwendigen Vernunftidee des Unbedingten und findet, daß diese Einhelligkeit niemals anders, als durch jene Unterscheidung herauskomme, welche also die wahre ist.

In seinem Buch Kritik der praktischen Vernunft verwendet Kant dieselbe Metaphorik aus der Naturwissenschaft, um die Denkprozesse zu beschreiben, die der Philosoph zur Analyse unternimmt:

Es kommt aber dem Philosophen, der hier (wie jederzeit im Vernunfterkenntnisse durch bloße Begriffe, ohne Construction derselben) mit größerer Schwierigkeit zu kämpfen hat, weil er keine Anschauung (reinem Noumen) zum Grunde legen kann, doch auch zu statten: daß er, beinahe wie der Chemist, zu aller Zeit ein Experiment mit jedes Menschen praktischer Vernunft anstellen kann, um den moralischen (reinen) Bestimmungsgrund vom empirischen zu unterscheiden; wenn er nämlich zu dem empirisch-afficirten Willen (z. B. desjenigen, der gerne lügen möchte, weil er sich dadurch etwas erwerben kann) das moralische Gesetz (als Bestimmungsgrund) zusetzt.

Diese Metaphorik aus der Naturwissenschaft ist als solche deutlich zu erkennen, denn der sinnlich-anschauliche Bildbereich des Naturphänomens und der konkreten Verfahrensweise der Naturwissenschaft werden explizit verknüpft mit dem abstrakten intelligiblen Sachbereich der Erkenntnis und der Verfahrensweise einer Wissenschaft der Vernunft. Durch diese sprachliche Verknüpfung wird zugleich eine gedankliche Analogie der Verfahrensweisen in der Vernunftwissenschaft und in der Naturwissenschaft aufgestellt. In ihrer Verknüpfung des Bildbereiches mit dem Sachbereich leistet die Metapher somit einen Beitrag zur Erkenntnis des Intelligiblen, das sonst unerkannt bliebe.

Im Folgenden sind die Metaphern und Analogien aus dem o. g. Zitat durch Kursivdruck hervorgehoben worden, während die Orthographie an den aktuellen Standard angepasst wurde: „Es kommt aber dem Philosophen, der hier [...] mit größerer Schwierigkeit zu kämpfen hat, weil er keine Anschauung (reinem Noumen) zum Grunde legen kann, doch auch zu statten: dass er, beinahe wie der Chemist, zu aller Zeit ein Experiment mit jedes Menschen praktischer Vernunft anstellen kann, um den moralischen (reinen) Bestimmungsgrund vom empirischen Bestimmungsgrund zu unterscheiden; wenn er nämlich zu dem empirisch-affizierten Willen [...] das moralische Gesetz (als Bestimmungsgrund) zusetzt."

Während die Metapher im Sprachlichen das konkrete Bildliche mit dem abstrakten Gegenstand oder Sachverhalt verknüpft, kommt die Analogie selbst sowohl dem Vergleichsmoment als auch dem Sachverhalt zu. Das sprachliche Indiz für eine Analogie ist in dem Beispiel der Vergleich, der Philosoph könne „beinahe wie der Chemist" ein Experiment anstellen. Das Experiment des Chemikers ist das Vergleichsmoment: Er hat einen Bestimmungsgrund, dem er verschiedene chemische Elemente zusetzt und vor dem sich die anschließenden chemischen Reaktionen unterscheiden lassen, sodass er den Bestimmungsgrund in Bezug auf seine Bestandteile analysieren kann. Die Überlegung, dass der Philosoph auf seinem Gebiet genau so verfahren kann wie der Chemiker auf seinem eigenen, bildet die Grundlage für die Analogie. Trotz dieser Analogie ist das Experiment des Philosophen kein chemisches Experiment und im konkreten Sinne gar kein Experiment. Dennoch wird von einem Experiment mit der praktischen Vernunft eines jeden Menschen gesprochen. Der Begriff ‚Experiment' wird also in diesem Zusammenhang metaphorisch, d. h. in einem übertragenen Sinn, gebraucht. Er ist insofern eine Metapher, die dafür steht, was der Philosoph gedanklich anstellt. Dass Kant nicht auf sie verzichtet, ist ein Indiz dafür, dass es keine philosophische Begrifflichkeit für diese gedankliche Tätigkeit des Philosophen gibt. Kant kommt in seinen Überlegungen ausgehend vom Vergleich des Philosophen mit einem Chemiker zur Analogie ihrer Verfahrensweisen bei der Analyse von Bestimmungsgründen. Dieser Vergleich ist jedoch erst aufgrund der metaphorischen Verwendung naturwissenschaftlicher Begriffe wie ‚Experiment' und ‚Bestimmungsgrund' entstanden.

Um dem Gehalt der oben genannten Analogie auf die Spur zu kommen, kann man sie durch eine andere ersetzen. Dadurch lässt sich feststellen, wie sehr sie auf die gedankliche Entwicklung der Thematik einwirkt und welche Implikationen sie mit sich bringt. Im folgenden Beispiel wird die Analogie zum Verfahren eines Chemikers durch eine Analogie zum Vorgehen eines Malers ersetzt: Es kommt aber dem Philosophen, der hier [...] mit größerer Schwierigkeit zu kämpfen hat, weil er keine Anschauung (reinem Noumen) zum Grunde legen kann, doch auch zu statten: dass er, beinahe wie der Maler, zu aller Zeit einen Farbvergleich mit jedes Menschen praktischer Vernunft anstellen kann, um die moralische (reine) Farbe von der empirischen (vermischten) Farbe zu unterscheiden; wenn er nämlich zu dem empirisch-affizierten Willen [...] das moralische Gesetz (als Farbe) hinzumalt. Durch die Ersetzung wird deutlich, dass der Philosoph nun nicht mehr als Analytiker verstanden wird, sondern als Konstrukteur. Durch den Farbzusatz kontrastiert der Maler seine Anschauung mit seinem Bild und kann Gemeinsamkeiten und Unterschiede entdecken. Das Hinzumalen des Malers unterscheidet sich von dem Zusetzen des Chemikers darin, dass es ein subjektiver Vorgang ist. Der Farbvergleich ist im Gegensatz zum Chemieexperiment ebenfalls ein subjektiver Prozess.

Vermischte Farben können zwar aus reinen Farben, die miteinander vermischt werden, entstehen, wären in diesem Fall also in ihrer Beschaffenheit nicht voneinander unterschieden, aber die eigene Anschauung des Malers ist immer abhängig von seiner subjektiven Wahrnehmung. Durch Lichtverhältnisse ist seine Farbwahrnehmung beeinflusst. Zudem kann der Maler nur feststellen, ob es sich um ein Farbgemisch handelt oder um eine reine Grundfarbe und welche Farbtöne ungefähr vorherrschen, aber nicht welche genauen prozentualen Anteile in dem Gemisch enthalten sind. Demgegenüber dient der Bestimmungsgrund im chemischen Experiment dazu, bestimmte Bestandteile und Elemente einer Substanz herauszufiltern und zu analysieren. Die objektive Genauigkeit im Gegensatz zur subjektiven Ungenauigkeit bildet also den maßgeblichen Unterschied zwischen den beiden verschiedenen Analogien. Es kommt Kant auf diese Exaktheit an und er strebt sie auch im philosophischen Denken an.

Durch den Vergleich der Ersetzungen miteinander und mit dem Original wird deutlich, dass die von Kant hier gewählte Metaphorik eine wichtige Rolle in seiner Theoriebildung einnimmt. Eine andere Metaphorik mit anderen Analogien stellte sich in eine andere philosophische Tradition und würde sich von jeweils anderen philosophischen Richtungen abgrenzen. Für die Relevanz der gewählten Metapher vom ‚Baum' der Erkenntnis spricht unter Umständen auch die Tatsache, dass Kant im Rahmen seiner Methodenlehre auf eine andere Metapher zurückgreift, die in einem Zusammenhang mit der Baum-Metaphorik steht, wenn man Kants Ziel, im übertragenen Sinn die ‚Architektonik' aller Erkenntnis

zu entwerfen, vor Augen hat und den Baumstamm als Material für den Hausbau ansieht: „Kant zieht es vor, dem Leser von der Totalität seines Vorhabens eine Anschauung durch die Metapher des Hausbaus zu vermitteln - man könnte viel darüber sagen, weshalb Kant diese konstruktive, von den Bedingungen der Natur stärker abgelöste Metaphorik der des Weges vorgezogen hat."

Blumenberg erklärt die Zusammenhänge folgendermaßen:

Es wird sofort erkennbar, daß Kant die Metaphorik des Bauens schon deshalb bevorzugt, weil sie ihm erlaubt, eine Beziehung herzustellen zwischen dem Scheitern der traditionellen Metaphysik und der biblischen Geschichte von der Sprachverwirrung beim babylonischen Turmbau. [...] Mit dem Gleichnis will Kant aber auch das Verhältnis der Methodenlehre zur Elementarlehre darstellen. Die Elementarlehre heißt im strikten Sinne so, weil sie die Elemente, also die Materialien, zu dem Gebäude liefert.

Im Grunde zeigt sich bei Kant hier schon im Metaphorischen die Weiterentwicklung der modernen Naturwissenschaft zur Ingenieurswissenschaft, welche die angewandte theoretische Vernunft in den Blick nimmt. Deren Konstruktionstechnik kann dazu dienen, die Methodik der angewandten praktischen Vernunft zu erläutern. Einen Hinweis darauf, wie weit sich die Analogiebildung bei Kant fortsetzt, gibt Blumenberg in seiner Theorie der Unbegrifflichkeit:

Wichtig ist nun: so wie Kant den Begriff des Schemas für die korrelative Anschaulichkeit der reinen Verstandesbegriffe verwendet, verwendet er den Begriff des Symbols für die Anschaulichkeit der reinen Vernunftbegriffe, der Ideen. Die Symbolisierung ist der Schematisierung analog gebaut, weil man nach Kants Voraussetzung, den Zusammenhang der Idee mit der Anschauung an sich selbst gar nicht analysieren kann. [...] Das Symbol ist nicht nur ein sinnliches Zeichen für einen Begriff [...].

Auch an anderer Stelle greift Kant auf die Analogie zur Naturwissenschaft zurück, um das Verfahren der Systembildung im Bereich der Vernunft zu beschreiben, wie Blumenberg feststellt: „Gemeint ist, daß das Zusammensetzen der Erkenntnisse zu einem System nicht anders erfolgen kann als das der Wahrnehmungen zu einer Erkenntnis des Gegenstandes. Dabei ist nur dieses konstitutiv und damit ‚authentisch' gesichert, während jenes eine Art von Auslegung erfordert, die nie andere als ‚doktrinale' Ergebnisse haben kann."

Indem Kant die Übertragung der Reflexion über einen Gegenstand der Anschauung auf einen ganz anderen Begriff, dem vielleicht nie eine Anschauung direkt korrespondieren kann, thematisiert, reflektiert er selbst diese Analogiebildung.

Eine Metapher ist jedoch nicht nur eine sprachliche Verknüpfung, sondern kann auch eine rhetorische Figur

sein, die sich als Gestalt von ihrer Umgebung abhebt. Eine explizite Metapher

ist eingebettet in einen Text, der sich von ihr unterscheidet. Er bildet die Folie, auf der die Figur als solche erst erkennbar wird. Dieser Kontext, in dem die Metapher als Figur erscheint, ist jedoch die Voraussetzung für ihre Existenz als eine herausgehobene rhetorische Sprachgestalt. Ohne ihn gäbe es sie nicht. Er stellt sozusagen die Bedingung dar, unter der sie überhaupt möglich ist. Im Folgenden soll dieser Kontext genauer bestimmt werden.

2.3 Die Realisierung des Diskursbegriffs

Untersucht man den Kontext der Metapher vom ‚Baum' der Erkenntnis, fällt auf, dass er von zahlreichen Begriffen durchsetzt ist, aber wenige rhetorische Figuren mit sinnlich-anschaulichem Gehalt

besitzt. Der begriffliche Kontext der expliziten Metapher ist also ihre Voraussetzung. Er ist also die primär zugrunde liegende Struktur, auf der sich die explizite Metapher als sekundäre Struktur behauptet. Kant verweist nicht eigens darauf, dass sowohl die primäre als auch die sekundäre Struktur sprachlich verfasst sind. Dennoch wird die Sprachlichkeit der primären Struktur in seinen Aussagen zur praktischen Vernunft angedeutet: Einer der am häufigsten verwendeten Ausdrücke ist das Derivat ‚diskursiv'

. Wenn auch der Wortstamm Diskurs nicht sehr oft gebraucht wird, so wird doch der Begriff ‚Diskurs' durch diesen Wortgebrauch ins Bewusstsein gerufen. In diesem Kontext tauchen auch ‚verblasste' Metaphern auf, die nicht explizit als rhetorische Figuren verwendet werden, wie zum Beispiel entsprechend, Widerspruch, Ansprüche etc.

Sowohl der Begriff als auch diese ‚verblassten' Metaphern lassen anklingen, dass es sich beim Denken um sprachliche Verfahren handelt. Beide Strukturen wirken sich in Kants Beiträgen zur Vernunft auf den Gedankengang selbst und seine Darstellung aus. Während in der sekundären Struktur die Metapher zur rhetorischen Figur erhoben und bewusst eingesetzt wird, geschieht dies in der primären Struktur nicht. Hier ist es die durchgängige Metaphorizität der Sprache, die wirksam wird und selbst noch in abstrakten Begriffen und verblassten Metaphern zur Geltung kommt. Im Rahmen dieser Metaphorizität der primären Struktur spielt bei Kant die Vorstellung eines Diskurses, d. h. einer Unterhaltung oder eines Gesprächs

, eine große Rolle. In Kants Kritiken der reinen und der praktischen Vernunft wird zum einen durch die Verwendung der Ableitungen des Begriffs ‚Diskurs' diese Vorstellung erzeugt und zum anderen findet gleichzeitig durch die Darbietung der Gedanken zum Thema ein Diskurs statt. Der Begriff ‚Diskurs' bekommt dadurch also Realität. Die Verwendung des Diskursbegriffs und die entsprechende Darstellung sind jedoch nicht zufällig. Sie stimmen auch mit dem gedanklichen Inhalt überein: Da Kant diesen Gedanken der Diskursivität als einer primären Struktur dem Denken bewusst zugrunde legt, bestimmt er Vernunft in erster Linie als einen Diskurs. Das macht Kant explizit deutlich: „Also ist die Erkenntniß eines jeden [...] Verstandes eine Erkenntniß durch Begriffe, nicht intuitiv, sondern discursiv."

Diese Übereinstimmung von äußerer Form und gedanklichem Inhalt ist nicht zufällig, sondern sinnvoll. Allerdings reflektiert Kant nicht ausdrücklich die Form seines eigenen diskursiven Gedankenvortrags, da es ihm um die Sache geht und er den Inhalt im Blick hat. Die Form ist anscheinend selbstverständlich. Vernunft ist nach der Vorstellung des Diskurses zunächst etwas, das im Prozess des Hörens vernommen worden ist.

Sie ist jedoch auch etwas, das selbst Fragen stellt und Widersprüche hervorruft, aufdeckt und auch scheinbare Widersprüche auflöst. Das Vernommene ist dasjenige, was gehört und aufgenommen wurde. Der Akt des Vernehmens

ist derjenige des Hörens und im weiteren Sinne der des Wahrnehmens. Kant verwendet dafür den abstrakten Begriff ‚affiziert werden'

. Grundlage für die Möglichkeit der Affektion

ist Rezeptivität

. Dabei kann sich das Vernehmen in zwei Richtungen wenden: nach außen und nach innen.

Ist die Vernunft auf etwas Äußeres gerichtet, so handelt es sich dabei um die reine Vernunft in ihrem theoretischen Gebrauch, ist sie auf etwas Inneres gerichtet, so handelt es sich um die praktische Vernunft, ist sie pragmatisch auf das Urteilen und Handeln bezogen, dann geht es um die angewandte Vernunft. Die primäre Struktur wirkt vor allem dadurch, dass sie ihre Begriffe erst in dem Gedankenvortrag wirklich macht, so dass diese im Vollzug des Diskurses auch diskursiv sind.

Kant unterscheidet innerhalb der Vernunft deren Erkenntnisse und bestimmt diese als theoretische Erkenntnis der Vernunft und als praktische Erkenntnis der Vernunft. Sowohl die theoretische als auch die praktische Erkenntnis besitzt einen reinen Teil und einen vermischten oder anwendungsbezogenen Teil. Die beiden reinen Teile der theoretischen und der praktischen Vernunft bezeichnet Kant als reine Vernunft, die beiden anwendungsbezogenen Teile der theoretischen und der praktischen Vernunft besitzen keine besondere Bezeichnung.

Die beiden Teile der praktischen Vernunft, welche in der Kritik derpraktischen Vernunft behandelt werden, sind die reine praktische Vernunft und die angewandte praktische Vernunft.

2.4 Der Begriff der reinen Vernunft

Nach Kant ist die reine Vernunft diejenige, deren theoretische Erkenntnis ihr Objekt und dessen Begriff bestimmt und deren praktische Erkenntnis den Begriff samt seinem Gegenstand realisiert.

So fern in diesen [Wissenschaften] nun Vernunft sein soll, so muß darin etwas a priori erkannt werden, und ihre Erkenntniß kann auf zweierlei Art auf ihren Gegenstand bezogen werden, entweder diesen und seinen Begriff (der anderweitig gegeben werden muß) bloß zu bestimmen, oder ihn auch wirklich zu machen. Die erste ist theoretische, die andere praktische Erkenntniß der Vernunft.

Kennzeichnend für die reine Vernunft ist es, dass sie ihr Objekt gänzlich a priori bestimmt.

Sie enthält die Prinzipien, um überhaupt etwas a priori zu erkennen:

Denn Vernunft ist das Vermögen, welches die Principien der Erkenntniß a priori an die Hand giebt. Daher ist reine Vernunft diejenige, welche die Principien, etwas schlechthin a priori zu erkennen, enthält.

Richtet sich das Vernehmen auf etwas, das sich außerhalb des Wahrnehmenden befindet oder ereignet, dann handelt es sich um die reine Vernunft, die das Äußere theoretisch zu erkennen versucht. Das zu Erkennende ist das Ding als Erscheinung. Die Erscheinung ist sozusagen das ‚Ding für mich'. Erst im Akt der Wahrnehmung wird die Existenz des Dings als etwas von mir selbst Verschiedenes manifest. Ohne mich gäbe es jedoch gar keine Wahrnehmung, ohne das ‚Ding an sich' gäbe es keine Erscheinung. Das ‚Ding an sich' ist eine Konstruktion der Vernunft. Es ist nicht wahrnehmbar und nicht zu erkennen, sondern nur ein gedankliches Konstrukt, das aber notwendigerweise gedacht werden muss, um das ‚Ding für mich', d. h. die Erscheinung, zu erklären. Ohne diese Konstruktion bleibt es unerklärlich, wie es eine Erscheinung, d. h. ein ‚Ding für mich', geben könne, wenn nichts dessen Grundlage sein soll.

In Kants Begriff der reinen Vernunft wird die Erscheinung isoliert betrachtet und bildet den Gegenstand der gedanklichen Untersuchung. Sie wird zum Objekt des denkenden Subjekts. Das Subjekt versucht aus seinen Sinneseindrücken, Wahrnehmungen und Beobachtungen bestimmte Gewissheiten und Gesetzmäßigkeiten zu erfahren, d. h. zu vernehmen oder herauszufinden. Mit dem Verfahren der Abstraktion und der Bildung von Oberbegriffen kommt das Subjekt dabei zu Erfahrungsbegriffen

und bestimmten Implikationen, Proportionen und Relationen. Dabei ist ihm bewusst, dass es sich nicht mit den Dingen beschäftigt, die unabhängig von ihm selbst existieren, sondern nur mit den Erscheinungen, die in einer Beziehung zu ihm stehen. Dennoch ist es möglich, im Rahmen der spekulativen Vernunft ein Ding an sich zu denken, das die wahrgenommene Erscheinung bedingt.

Die fundamentale Unterscheidung der Erscheinung vom Ding an sich und die Annahme, dass der Forscher nichts wahrnehmen könne als das, wozu er von seiner eigenen Anlage aus fähig ist und was er von sich aus in die Erscheinungen hineinlegt,

hat Kant auf der Grundlage der Analogie zur Naturwissenschaft entwickelt. Insofern hängt der Begriff der reinen Vernunft in ihrem theoretischen Gebrauch von der explizit konstruierten Erkenntnismetaphorik ab, die sich aus der Metapher vom ‚Baum' der Erkenntnis entwickelt. Trotzdem ist Kants Begriff der reinen Vernunft seiner Herkunft nach ein rationaler Begriff und kein empirischer Begriff.

2.5 Der Begriff der praktischen Vernunft

Die praktische Vernunft ist einerseits ein Teil der reinen Vernunft und andererseits ein Teil der angewandten Vernunft. Kant bezeichnet mit diesem Begriff das praktische Vermögen der Vernunft. Er stellt diese Bedingung auf: „Wenn sie [die praktische Vernunft] als reine Vernunft wirklich praktisch ist, so beweiset sie ihre und ihrer Begriffe Realität durch die That [...]."

Richtet sich das Vernehmen also auf etwas, das innerhalb des Subjekts wirkt und vonstattengeht, während es selbst als Denkender, Urteilender und Handelnder tätig wird, dann spricht Kant von der praktischen Vernunft. Das Grundgesetz der praktischen Vernunft lautet folgendermaßen: „Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Princip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne."

In diesem Grundgesetz sind alle vernünftigen Handlungen, zu denen auch das Denken selbst gehört, inbegriffen. Kant gibt dem Leser in seinem Buch Die Kritik der praktischen Vernunft hinsichtlich der Vernehmung, d. h. der Überprüfung der Argumente und Beweggründe von Handlungen, ein Instrumentarium zur Hand, um vernünftige Handlungen von unvernünftigen und moralische Handlungen von unmoralischen zu unterscheiden. Jeder selbst kann beurteilen, ob Handlungen gesetzmäßig oder sittenwidrig sind, wenn er die Befragung, d. h. die Reflexion, durchführt. In Bezug auf die Moral gibt die praktische Vernunft dem Menschen eine Orientierung: „Reine Vernunft ist für sich allein praktisch, und giebt (dem Menschen) ein allgemeines Gesetz, welches wir das Sittengesetz nennen."

Das Subjekt wendet sich dabei Begriffen zu und analysiert sie hinsichtlich ihrer Prämissen und ihrer Implikationen, zieht Schlussfolgerungen und stellt Handlungsmaximen auf. Kant verdeutlicht es in Bezug auf den Begriff ‚Depositum' anhand eines Beispiels, bei dem einem Menschen zufällig ein Guthaben in die Hände gerät, das ihm nicht zukommt.

Die Vernunft nimmt in dieser Hinsicht die Rolle eines Gesetzgebers ein. Sie gibt sich bestimmte Vorgaben, ohne welche es gar kein Denken und Handeln gäbe:

Denn reine, an sich praktische Vernunft ist hier unmittelbar gesetzgebend. Der Wille wird als unabhängig von empirischen Bedingungen, mithin, als reiner Wille, durch die bloße Form des Gesetzes als bestimmt gedacht, und dieser Bestimmungsgrund als die oberste Bedingung aller Maximen angesehen.

Da Handlungsmaximen auf Klugheitsregeln basieren können, welche aber nicht objektive Gültigkeit beanspruchen können, verweist Kant auf einen Test, der in solchen Fragen Gewissheit geben kann: Mithilfe des Kategorischen Imperativs kann jeder Mensch überprüfen, ob eine Handlung moralisch geboten oder verboten ist oder nicht.

Kant zeigt auf, welche transzendentalen Bedingungen für Denken und Handeln vernünftigerweise existieren und wie sie erfüllt werden können. Dabei entwickelt er logisch die begrifflichen Zusammenhänge beim Denken und Handeln. Zudem unterscheidet er im Bereich des vernünftigen Handelns genau zwischen klugem und moralischem Handeln. Mit dem Kategorischen Imperativ gibt Kant den Prüfstein an, mit dem sich zum Beispiel überprüfen lässt, ob eine Handlungsmaxime nur eine Klugheitsregel ist oder sogar eine moralische Vorschrift sein kann. Zu dem, was Kant also als praktische Vernunft bezeichnet, gehören vor allem dieses Instrumentarium der Reflexion und die im Inneren ablaufenden Prozesse und Mechanismen des Denkens, Beurteilens und Wollens.

Dieser Begriff der praktischen Vernunft verortet das, was als moralisches Gefühl oder innere Stimme das Handeln des Subjekts beeinflusst, innerhalb des Subjekts und der Konflikt innerhalb des Subjekts wird auf die Endlichkeit des Subjekts, dessen Wollen zugleich ein Sollen unter Zwang darstellt, zurückgeführt. So entsteht eine intrasubjektive Konfliktsituation. Das Denken selbst ist bei Kant eine Selbsterkenntnis aufgrund von Selbstreflexion. Die praktische Vernunft operiert mit Vernunftbegriffen

und analysiert ihre Implikationen, Prämissen und Konsequenzen aufgrund von Gegenüberstellungen mit Gegenbegriffen und der Bildung von Unter- und Oberbegriffen sowie der Suche nach Fallbeispielen.

Die Fallbeispiele Kants, die der Veranschaulichung und Illustration eines aus der Vernunft gewonnenen Begriffs dienen sollen, können nicht als Einzelfälle eines Erfahrungsbegriffs verstanden werden, die aus einer Summe von empirischen Studien stammen. Die Gedankenexperimente Kants und seine logischen Folgerungen sind keine Tatsachenbeschreibungen von empirisch erhobenen Sachverhalten und sollten nicht als praktische Handlungsvorschriften im dogmatischen Sinne begriffen werden, denn trotz des immanenten Dogmatismus der Vernunft

bleibt es jedem Menschen unbenommen, unvernünftig zu handeln. Kants praktische Ratschläge beziehen sich vor allem auf die gedankliche Praxis.

2.6 Kants Metapher des Diskurses

Zwar handelt es sich bei dem Begriff des Diskurses nicht um eine explizite Metapher im Sinne einer rhetorischen Figur, dennoch ist der Begriff nicht völlig frei von sinnlichem Gehalt. Er erhält aber erst im tatsächlichen Vollzug eines Diskurses seine vollkommene Bedeutung. Diese ist als Ganzes nicht unsinnlich und unanschaulich, sondern konkret vorhanden. Insofern kann man mit Recht auf den Bildbereich der Diskurs-Metaphorik verweisen, ohne dem Diskurs abzusprechen, dass in ihm Bild und Sache eins sind und es sich im Grunde gerade nicht um eine Metapher handelt, wenn von einem Diskurs die Rede ist. Wahrscheinlich handelt es sich hierbei um einen der Begriffe, „deren Realität nur im Proceß der Vernunft selbst begründet sein kann [...]."

Um die Hintergrundmetaphorik des Diskursbegriffes zu entschlüsseln und zu bestätigen

, dass sie ebenfalls eine wichtige Rolle in Kants Theoriebildung einnimmt, ohne jedoch die vorherige naturwissenschaftliche Metaphorik abzulösen, soll ein Vergleich von Ersetzungen des Begriffs ‚diskursiv' in diesem ausgewählten Zitat vorgenommen werden:

Der Verstand wurde oben bloß negativ erklärt: durch ein nichtsinnliches Erkenntnißvermögen. Nun können wir unabhängig von der Sinnlichkeit keiner Anschauung theilhaftig werden. Also ist der Verstand kein Vermögen der Anschauung. Es giebt aber außer der Anschauung keine andere Art zu erkennen, als durch Begriffe. Also ist die Erkenntniß eines jeden, wenigstens des menschlichen Verstandes eine Erkenntniß durch Begriffe, nicht intuitiv, sondern discursiv. Alle Anschauungen als sinnlich beruhen auf Affectionen, die Begriffe also auf Functionen. Ich verstehe aber unter Function die Einheit der Handlung, verschiedene Vorstellungen unter einer gemeinschaftlichen zu ordnen. Begriffe gründen sich also auf der Spontaneität des Denkens, wie sinnliche Anschauungen auf der Receptivität der Eindrücke. Von diesen Begriffen kann nun der Verstand keinen andern Gebrauch machen, als daß er dadurch urtheilt. Da keine Vorstellung unmittelbar auf den Gegenstand geht, als bloß die Anschauung, so wird ein Begriff niemals auf einen Gegenstand unmittelbar, sondern auf irgend eine andre Vorstellung von demselben (sie sei Anschauung oder selbst schon Begriff) bezogen. Das Urtheil ist also die mittelbare Erkenntniß eines Gegenstandes, mithin die Vorstellung einer Vorstellung desselben. In jedem Urtheil ist ein Begriff, der für viele gilt und unter diesem Vielen auch eine gegebene Vorstellung begreift, welche letztere denn auf den Gegenstand unmittelbar bezogen wird.

Es ist allerdings problematisch, dass der Begriff durch einen anderen Begriff ersetzt werden muss, um die Hintergrundmetaphorik auszutauschen. Dadurch wird unter Umständen in diesem Fall zusammen mit dem Begriffsinhalt auch die Sache, um die es im Text geht, ausgewechselt. Auch die Zusammenhänge der Begriffe zueinander können beeinträchtigt werden. Als Ersatz könnten zunächst folgende Begriffe dienen: ‚begrifflich', ‚dialogisch', ‚intellektuell', ‚linear', ‚konsekutiv'. Je nach Ersetzung verändert sich nicht nur die Hintergrundmetaphorik aufgrund des Begriffs, sondern auch der Sinnzusammenhang des Textes. Der Begriff ‚begrifflich' besitzt die Hintergrundmetaphorik des haptischen Anfassens, erzeugt aber im Textzusammenhang eine tautologische Aussage darüber, was begriffliches Denken von Anschauung unterscheidet. Der Begriff ‚dialogisch' rekurriert auf eine ähnliche Hintergrundmetaphorik wie der Begriff ‚diskursiv', indem er die Sprachlichkeit herausstellt, aber er verweist nicht auf die spezifische Art der Diskursivität, welche die Auseinandersetzung mit dem Begriff enthält. Der Begriff ‚intellektuell' käme inhaltlich dem Original am nächsten, würde aber die vorherigen begrifflichen Unterscheidungen Kants in seiner Bezeichnung eventuell auflösen, da es von dem lateinischen Wort ‚intellegere' entlehnt ist, welches sowohl mit ‚wahrnehmen' als auch ‚erkennen' übersetzt werden kann.

Die Begriffe ‚linear' und ‚konsekutiv' würden nicht nur die Hintergrundmetaphorik, sondern auch den Begriffsinhalt verändern. Sie bezeichnen völlig andere Vorgehensweisen beim Denken als der Begriff ‚diskursiv'.

Falls man den gesamten Begriffszusammenhang ersetzt, bedeutet die Ersetzung unter Umständen auch eine Verzerrung oder die Darstellung eines anderen Sachverhalts. In dem folgenden Beispiel wurden auch die Begriffe, die mit dem Begriff ‚diskursiv' zusammenhängen, durch Synonyme

ersetzt, wobei die Ersetzungen durch einfache Anführungszeichen hervorgehoben werden:

Der Verstand wurde oben bloß negativ erklärt: durch ein nichtsinnliches Erkenntnisvermögen. Nun können wir unabhängig von der Sinnlichkeit keiner Anschauung teilhaftig werden. Also ist der Verstand kein Vermögen der Anschauung. Es gibt aber außer der Anschauung keine andere Art zu erkennen, als durch ‚Benennungen'. Also ist die Erkenntnis eines jeden, wenigstens des menschlichen Verstandes eine Erkenntnis durch ‚Benennungen', nicht intuitiv, sondern ‚begrifflich'. Alle Anschauungen als sinnlich beruhen auf Affektionen, die ‚Benennungen' also auf ‚Zweckbestimmungen'. Ich verstehe aber unter ‚Zweckbestimmung' die ‚Totalität' der ‚Aktion', ‚differente Einbildungen einer allumfassenden Einbildung zu subsumieren'. ‚Benennungen' gründen sich also auf dem ‚Automatismus' des ‚Reflektierens', wie sinnliche Anschauungen auf der Rezeptivität der Eindrücke. Von diesen ‚Benennungen' kann nun der Verstand keinen andern Gebrauch machen, als dass er dadurch ‚bewertet'. Da keine ‚Einbildung' ‚direkt' auf die ‚Sache' geht, als bloß die Anschauung, so wird eine ‚Benennung' niemals ‚an eine Sache' unmittelbar, sondern an irgendeine andere ‚Einbildung von ihr' (sie sei Anschauung oder selbst schon ‚Benennung') ‚anknüpfen'. Die ‚Bewertung' ist also die ‚indirekte Entschlüsselung einer Sache', mithin die ‚Einbildung einer Einbildung derselben'. In jeder ‚Bewertung' ist eine ‚Benennung', die für viele gilt und unter diesem Vielen auch eine ‚bestehende Einbildung' ‚benennt', welche letztere denn ‚an die Sache direkt geknüpft' wird.

In dem Beispiel wird deutlich, dass durch die Ersetzung des Begriffszusammenhangs nicht nur die Hintergrundmetaphorik, sondern auch der Sinnzusammenhang des Textes verändert wurde. In dem Begriff ‚Benennung' klingt in der Hintergrundmetaphorik der Vorgang der Namensgebung an, während in dem Begriff ‚Begriff' das Erfassen und Begreifen vorgestellt wird. Die Art und Weise, wie ein Sachverhalt begriffen wird, bietet der Begriff ‚diskursiv' aber nicht sein Pendant ‚begrifflich'. Ein Urteil ist etwas Objektives, aber eine Bewertung ist etwas Subjektives. Aus der Schwierigkeit, den Begriff ‚diskursiv' durch Synonyme zu ersetzen, lässt sich schließen, dass der Begriff ‚diskursiv' und sein Begriffszusammenhang eine zentrale Rolle bei der Theoriebildung Kants spielen.

Es stellt sich nun die Frage, ob auch die Hintergrundmetaphorik dieses Begriffs und des Begriffszusammenhangs maßgeblich an dieser Theoriebildung beteiligt ist oder ob sie sich als überflüssig erweist.

Eine Möglichkeit, die Hintergrundmetaphorik zu ersetzen, ohne den Begriff aufzugeben, bietet die Übersetzung des Begriffs in eine Fremdsprache. Dadurch wird u. U. jedoch der Textzusammenhang verändert. In dem obigen Zitat ist jedoch der Begriff ‚diskursiv' selbst schon ein Fremdwort. Da dieses Fremdwort in einer anderen Sprache in ähnlicher Form existiert, würde eine Übersetzung in dem Fall keinen Gewinn bringen. Die zweite Möglichkeit wäre die komplette Übersetzung des Originals in eine Fremdsprache. Dabei käme es darauf an, den Begriffszusammenhang so genau wie möglich zu übertragen. Im Anschluss müsste durch Vergleich mit dem Original festgestellt werden, ob die Hintergrundmetaphorik als wesentlich beibehalten wurde oder als unwesentlich ausgetauscht wurde. Die folgende Übersetzung ins Englische ist 1838 veröffentlicht worden:

The understanding was before explained merely negatively - as a non-sensible cognition-faculty. Now, we cannot participate in any intuition independently of sensibility. The understanding, therefore, is no faculty of intuition. But there is, besides intuition, no other mode of cognizing, except by conceptions; consequently the cognition of every understanding, at least every human one, is a cognition by means of conceptions, not intuitive, but discursive. All intuitions as sensible repose upon affections, (and) conceptions, therefore, upon functions. But I understand, under functions, the unity of action, so as to order different representations under a common one. Conceptions, therefore, are based upon the spontaneity of Thought, as sensible intuitions (are) upon the receptivity of impressions. Now, the understanding can make no other use of these conceptions, except that it judges by means of them. As no representation refers immediately to the object, but to the intuition only, a conception, thus, never refers immediately to an object, but to some other Representation of this, (whether it (the representation) is intuition, or even already conception.) Judgment is, therefore, the mediate Cognition of an Object, consequently the representation of a representation of it. In every judgment there is a conception, which is valid for many, and under such many, it comprehends also a given representation, which last then, is referred immediately to the object.

Bei der Untersuchung der Begriffszusammenhänge stellt sich heraus, dass nicht alle Begriffe eindeutig zu übersetzen sind.

Es wird aufgrund der im Nomen konservierten Verlaufsform deutlich, dass der Begriff ‚understanding' in der englischen Übersetzung im Gegensatz zum deutschen Begriff ‚Verstand' anstelle des Vermögens, welches als Entität gefasst ist, etwas mehr den Prozess des Verstehens herausstellt. ‚Anschauung' wird im Englischen mit ‚intuition' und ‚Begriff' mit ‚conception' übersetzt. Dadurch kommt es bei der Charakterisierung von Anschauung als intuitiver Erkenntnis [‚intuitive cognition'], die der diskursiven Erkenntnis des Verstandes gegenübergestellt ist, im Englischen zu einer Tautologie. Die diskursive Verstandeserkenntnis wird auf Englisch als ‚cognition by means of conceptions' bezeichnet. So kommt es zu einer Spezifizierung, die im Original nicht vorhanden ist. Der Begriff ‚Vorstellung' wird im Englischen mit ‚representation' übersetzt. Der englische Begriff besitzt jedoch andere Konnotationen und steht in einer anderen philosophischen Tradition als der deutsche Begriff. Bei Kant geht es in diesem oben zitierten Textauszug um den Zugriff des Verstandes auf einen Gegenstand, aber nicht um die Repräsentation eines Gegenstandes im Verstand oder in Begriffen. Auch die Verben, die die Bezogenheit der Begriffe auf den Gegenstand bezeichnen sollen, vermitteln im Englischen die Vorstellung einer Referenz auf das Objekt, die aber im Original nicht vorhanden ist. Die Verben ‚gehen' und ‚bezogen sein' werden mit ‚to refer' und ‚to be reffered' übersetzt. In einer anderen Übersetzung von 1929 ist der Begriff ‚Erkenntnis' nicht mit ‚cognition', sondern mit ‚knowledge' übersetzt worden, ‚Begriffe' werden mit ‚concepts' übersetzt:

The understanding has thus far been explained merely negatively, as a non-sensible faculty of knowledge. Now since without sensibility we cannot have any intuition, understanding [A 68] cannot be a faculty of intuition. But besides intuition there is no other mode of knowledge except by means of concepts. [B 93] The knowledge yielded by understanding, or at least by the human understanding, must therefore be by means of concepts, and so is not intuitive, but discursive. Whereas all intuitions, as sensible, rest on affections, concepts rest on functions. By 'function' I mean the unity of the act of bringing various representations under one common representation. Concepts are based on the spontaneity of thought, sensible intuitions on the receptivity of impressions. Now the only use which the understanding can make of these concepts is to judge by means of them. Since no representation, save when it is an intuition, is in immediate relation to an object, no concept is ever related to an object immediately, but to some other representation of it, be that other representation an intuition, or itself a concept. Judgment is therefore the mediate knowledge of an object, that is, the representation of a representation of it. In every judgment there is a concept which holds of many representations, and among them of a given representation that is immediately related to an object.

In dieser Übersetzung ist die Beziehung der Begriffe auf den Gegenstand unbestimmter ausgedrückt, eine Referenz wird nicht angesprochen. Für die Übertragung werden die Ausdrücke ‚is in relation to' und ‚to be related' verwendet. Im Vergleich mit der vorigen Übersetzung wird deutlich, dass nicht nur einzelne Begriffe, sondern auch der Begriffszusammenhang im Original mehrdeutig ist, sodass verschiedene Übersetzungen möglich sind. Für den Begriff ‚Vorstellung' wird auch in dieser Übersetzung ‚representation' verwendet. Die Hintergrundmetaphorik des deutschen Begriffs verweist auf ein sprachliches Verfahren des Vor-sich-Stellens, in dem sich das denkende Subjekt etwas anderes gegenüberstellt und dadurch einen Gegenstand zur objektiven Betrachtung erhält. Die Vorstellung selbst ist zu Beginn zunächst eine subjektive Ansichtssache bzw. subjektive Verallgemeinerung und wird erst im Verlauf der Betrachtung verobjektiviert. Im englischen Begriff ist dagegen eine andere Hintergrundmetaphorik zu finden. Durch die Übersetzung ‚concept' wird das deutsche Wort ‚Begriff' enger gefasst als sprachlicher Ausdruck, während ‚conception' mehr den insgesamt möglichen Begriffsinhalt und dessen Konstruierung in den Blick rückt. Die Übersetzung von ‚Erkenntnis' mit ‚knowledge' betont nicht wie ‚cognition' und ‚cognizing' den inneren subjektiven Erkenntnisprozess, sondern eine objektive Erkenntnis eines Gegenstandes, welche allerdings nicht vollständig sein muss und sich erweitern kann. Eine Analogie, welche im Original durch den Vergleich hergestellt wird: „Begriffe gründen sich also auf der Spontaneität des Denkens, wie sinnliche Anschauungen auf der Receptivität der Eindrücke", ist in dieser Übersetzung durch eine Entgegensetzung mit dem Wort ‚whereas' ersetzt worden. Dadurch wird zwischen beiden Schlussfolgerungen zwar eine Parallele festgestellt, aber zugleich ihre Verschiedenheit betont. Das Original dagegen nimmt die Verhältnisse im Bereich Sinnlichkeit an dieser Stelle noch als Muster für die Prozesse im Bereich des Verstandes.

Durch den Versuch, den Begriffszusammenhang des Originals in der Übersetzung in eine Fremdsprache ohne Rücksicht auf die Hintergrundmetaphorik zu bewahren, ist deutlich geworden, dass es im Original selbst gerade nicht auf einen eindeutigen Begriffsinhalt ankommt, für den die Hintergrundmetaphorik des Begriffs keine Rolle spielt. Im Gegenteil kommt es im Original auf die gewisse begriffliche Unbestimmtheit an, die zunächst Mehrdeutigkeit zulässt und später infolgedessen zu Ausdifferenzierungen führt. Dabei spielt die Hintergrundmetaphorik des Begriffs ‚diskursiv' eine zentrale Rolle.

Der Bildbereich des Begriffs der Vernunft nach Kant, welcher den Diskurs imaginiert, basiert zunächst auf dem Hörvorgang, dem Vernehmen im Sinne des Hörens. Im weiteren Sinne kann Vernehmen jedoch auch im Sinne einer Befragung während eines Verhörs verstanden werden. Diese Konnotation wird von Kant thematisiert und findet in der Art seiner Darstellung Anwendung. So führt Kant praktisch vor, wie Denken vonstattengeht, indem er es dem Leser zum Beispiel anhand von Leitfragen

demonstriert, die er differenziert zu beantworten sucht. In dem Bild des „bestallten Richters"

, der eine Vernehmung durchführt, wird diese Vorstellung sogar eigens zusammengefasst. Blumenberg verweist auf Kants Verhörmetapher in Bezug auf die Naturforscher der Neuzeit.

Er sieht sie in seiner Dokumentation als einen Beleg dafür, dass die neue Erkenntniseinstellung zwar das Potential des Menschen zur Erkenntnis, welches in seiner Methodik liegt, in den Fokus rückt, aber zugleich das neuzeitliche Daseinsgefühl der Entzweiung mit der Wahrheit in der Metaphorik widerspiegelt.

3 Die Implikationen von Kants Begriff der Vernunft

Kants Begriff der Vernunft kann in seiner eigenen Terminologie als rationaler Vernunftbegriff der Vernunft charakterisiert werden und damit von einem möglichen Erfahrungsbegriff der Vernunft abgegrenzt werden. Bei Kant gibt es nur eine einzige allgemeine Vernunft, die in allen vernünftigen Wesen gleich wirkt.

Man kann auf die Stimme der Vernunft hören oder auch nicht.

Es gibt nur die Unterscheidungen in vernünftig und unvernünftig, in klug und unklug, in moralisch und unmoralisch, aber keine graduellen Unterschiede der Vernunft und ihres Gebrauchs und auch keine individuellen Erscheinungen der Vernunft.

Die Vorstellung verschiedener Vernunftgrade

hat keinen Platz in Kants Vernunftbegriff der Vernunft. In seiner Kritik der praktischen Vernunft behandelt er die nicht sichtbaren gedanklichen Operationen als Gegenstand. Der Begriff der Passung und Angemessenheit spielt für Kant im Bereich der pragmatischen Urteilsfindung eine Rolle. Es gibt für Kant nur ein Entweder-Oder im Bereich der Vernunft. Im Zentrum steht für ihn die Widerspruchsfreiheit. Sie wird durch die Synthese auch widersprüchlicher Ergebnisse erreicht, indem diese relativiert werden, d. h. in bestimmte Relationen gestellt werden, sodass de facto kein Widerspruch besteht. Kant begründet seinen Vernunftbegriff der Vernunft ausgehend von der Begrifflichkeit logisch.

Anders sieht es aus mit dem Begriff des Bewusstseins, das Kant als Erkenntnisorgan nicht der Vernunft, sondern der Sinnlichkeit als dem anderen Stamm der Erkenntnis zuordnet und welches er als empirischen Untersuchungsgegenstand der reinen Vernunft in ihrem theoretischen Gebrauch überlässt. Im Vergleich zur reinen Vernunft in ihrem praktischen Gebrauch sieht er das empirische Bewusstsein als weniger effizient und verbesserungswürdig an. Es existiert neben dem vernünftigen Denken und begleitet alle Prozesse des Wahrnehmens.

Indem Kant das Bewusstsein dem Wahrnehmungsakt zuordnet

, drückt er aus, dass es eine Vorstufe der reinen Vernunft in ihrem theoretischen Gebrauch ist, welche später durch behutsame Spekulation zu Erfahrungsbegriffen gelangt. Durch Wegstreichen von Vermischungen und persönlichen Erfahrungsinhalten gelangt die Vernunft zu ihren reinen Begriffen. Gleichzeitig bedeutet dies für das Bewusstsein, dass sich in ihm zunächst persönliche Erfahrungen und Affekte mit aktuellen Sinneseindrücken mischen und dass verschiedene Grade des Bewusstseins möglich sind

, die schrittweise erreicht werden können.

Das Bewusstsein unterscheidet sich vom vernünftigen Denken dadurch, dass es keine hellen und klaren Begriffe bildet und damit Sachverhalte und Begriffszusammenhänge nicht genau erkennt und beschreibt. Das Bewusstsein bildet zunächst dunkle und undeutliche Begriffe, die nur ungenaue und teilweise auch falsche Erkenntnis und Beschreibung ermöglichen.

Es handelt sich dabei allerdings nicht um Begriffe im Sinne wissenschaftlicher Fachtermini, sondern eher um vorbegriffliche Ausdrücke oder, wie Blumenberg sagen würde, um ‚Unbegriffliches'. Unter dem Unbegrifflichen versteht Blumenberg das Metaphorische sowie das begrifflich noch nicht Bezeichnete und ihre Verhältnisse zueinander und zum Begrifflichen. All dies ist Gegenstand seiner Theorie der Unbegrifflichkeit (1975)

.

Das Bewusstsein kann bei Kant insofern als Vorstufe zur Vernunft - genauer gesagt zur reinen Vernunft in ihrem theoretischen Gebrauch - gesehen werden, als dass man diese Vernunft als absolute Konsequenz und Universalität des Bewusstseins definiert und Bewusstsein und Vernunft nur graduell unterscheidet, aber nicht qualitativ.

In Bezug auf Kants Begriff der Vernunft in ihrem praktischen Gebrauch spielt das Bewusstsein keine Rolle.

Kants zweigeteilter Begriff der Vernunft impliziert verschiedene gedankliche Operationen.

Die reine Vernunft verfährt nach dem Verfahren der Abstraktion. Einer Erscheinung werden ähnliche Erscheinungen wie z. B. Ereignisse, Vorfälle oder Dinge gegenübergestellt, welche unter denselben Oberbegriff geordnet werden können. Die gemeinsamen Merkmale machen dann den Begriff aus und durch die Gegenüberstellung mit einem Gegenbegriff kommt man zum nächsten Oberbegriff und damit zu einer höheren Abstraktionsstufe. Auf der höchsten Abstraktionsstufe ist man dann schließlich beim reinen Erfahrungsbegriff angelangt oder beim abstrakten Sachverhalt.

Die praktische Vernunft verfährt in anderer Weise, indem sie bei einem rationalen Begriff

beginnt und diesen analysiert.

So ermittelt sie seine Implikationen und unterscheidet einzelne Unterbegriffe und Spezialfälle, indem sie Gegenbegriffe zu den Spezialfällen bildet. Am Ende konkretisiert sie die Begriffe durch konstruierte anschauliche Fallbeispiele. Außer diesen Verfahren der Analyse, Differenzierung, Konkretisierung und Veranschaulichung verfährt die praktische Vernunft in einer zweiten Weise. Sie hinterfragt den zunächst angenommenen gesetzten Begriff

und bildet zu ihm einen entsprechenden Gegenbegriff, um das zu ermitteln, was ihn eigentlich ausmacht und was seine transzendentalen Voraussetzungen sind, ohne welche es ihn nicht gäbe.

Alle Verfahren werden von Kant explizit demonstriert.

4 Die Konsequenzen des kantischen Vernunftbegriffs der Vernunft

Der Vernunftbegriff Kants hatte weitreichende Bedeutung für den philosophischen Diskurs. Sie wird mit der der ‚kopernikanischen Wende' in der Astronomie

verglichen. Es gab demnach eine vollkommen neue Sicht auf die Vernunft. Die Metaphorik des Vernunftbegriffs der Vernunft hat sich dergestalt auf den eigenen Diskurs Kants ausgewirkt, dass er selbst seine Begriffe dialogisch entwickelt hat, aus Spruch und Widerspruch, Setzung und Entgegensetzung, wie es in einem Gespräch, das man führt, der Fall ist.

In diesem Diskurs kommt also das Hören und Vernehmen zum Zuge, allerdings in Wechselrede, nicht im Monolog.

Um jedoch seine Begriffe in einer logischen Form zu präsentieren, verzichtet Kant in seinen Schriften auf diese Dialogform und versucht, seine Ergebnisse geordnet nach Paragraphenabschnitten zu systematisieren. Dabei stößt er immer wieder an Grenzen, sodass zum Beispiel am Ende eines größeren Abschnitts klar wird, dass vorherige Annahmen nicht funktionieren, sodass das Gegenteil dessen, was zuvor angenommen wurde, nun angenommen werden muss.

Oder es stellt sich am Ende heraus, dass man noch Einschränkungen machen muss oder Sonderfälle mit verschiedenen Bedingungen abzuhandeln hat. Auf jeden Fall ist es so, dass die Gedanken nicht linear, sondern diskursiv entwickelt werden, sodass am Anfang der Schriften etwas anderes steht als am Ende und dass manche Begriffe im Verlauf der Texte ihre Bedeutung verändern, erweitern, verengen oder spezifizieren.

Kant selbst hat den Blick auf die inneren Prozesse und Mechanismen des Denkens gerichtet.

5 Die Reflexion der Untersuchungsergebnisse

In der Reflexion auf die Untersuchungsergebnisse dieser Abhandlung ist festzustellen, dass beide Metaphern, die explizite Metapher vom ‚Baum' der Erkenntnis und die implizite Diskurs-Metaphorik, in Kants Theoriebildung eine große Rolle spielen. In der Kritik derreinen Vernunft und der Kritik der praktischen Vernunft sind beide jeweils mit anderen Metaphern derselben Metaphernfelder verknüpft. Die Metapher vom ‚Baum' der Erkenntnis korrespondiert beispielsweise mit der Metapher des Hausbaus.

Es finden sich weitere Metaphern, welche diesen beiden Metaphernfeldern zugerechnet werden können: Blumenberg verweist z. B. auf die ‚Stimme' der Vernunft

und die Verhörmetapher, es gibt Metaphern wie ‚Bestimmungsgrund' und ‚Experiment'. In Kants Theoriebildung nimmt der Diskurs als Begriff, Metapher und Bild eine zentrale Position ein. Ohne die Entfaltung der beiden Metaphern und der an sie anknüpfenden Analogien gäbe es die paradigmatische Erkenntnis der Vernunft nicht und es gäbe auch keinen philosophischen Begriff der Vernunft. Beide Metaphern sind nach Blumenberg als absolute Metaphern zu charakterisieren, die nicht durch einen Begriff ersetzt werden können. Die Diskurs-Metaphorik gehört jedoch im Gegensatz zur naturwissenschaftlichen Metaphorik, die aus der Metapher vom ‚Baum'der Erkenntnis resultiert, zu einem implikativen Modell, das seine metaphorische Qualität nur vereinzelt herausstellt. Das aus der Baum-Metapher entwickelte Paradigma der Naturwissenschaft dient im Verlauf der Kritiken dazu, die Verfahrensweise der Vernunft darzustellen. Die im Hintergrund der Begriffe liegende Diskurs-Metaphorik entfaltet sich im Text, löst sich von ihrem metaphorischen Status und realisiert sich in der konkreten Praxis als Diskursivität des Textes. Sowohl die naturwissenschaftliche Metaphorik als auch die Diskurs-Metaphorik kann also dazu dienen, ein Paradigma zur Erkenntnisgewinnung auszuformen. Aus den beiden Paradigmata, dem Paradigma der modernen Naturwissenschaft und dem des Diskurses, wird der Begriff der Vernunft gewonnen und im Rahmen der beiden Kritiken immer weiter ausgestaltet und differenziert. Im Rückblick auf die Ausgangslage lässt sich konstatieren, dass die Voraussetzungen für die Entwicklung eines Paradigmas zur Erkenntnisgewinnung bei der Metapher vom ‚Baum' der Erkenntnis und bei der Diskurs-Metapher erfüllt sind, und dass tatsächlich eine Erkenntnis paradigmatisch gewonnen wird, d. i. die vernünftige Erkenntnis der Vernunft. Ihre Objektivität verdankt diese Erkenntnis der Diskursivität, welche sich im Text realisiert.

Schluss

Im Verlauf der Untersuchung von Kants Begriff der Vernunft und seiner Metaphorik ist festgestellt worden, dass Kant zwei verschiedene Metaphern verwendet, die in unterschiedlicher Weise wirksam sind. Als rhetorische Figur hebt sich die Metapher vom ‚Baum'der Erkenntnis vom Kontext ab. Inhaltlich verknüpft sie eine sinnliche Naturerscheinung mit einem intelligiblen Sachverhalt. Zugleich bietet sie den Anknüpfungspunkt für die Analogie zwischen der Naturwissenschaft und der Philosophie als vernünftiger Wissenschaft der Vernunft. Aus ihr resultieren die spezifischen Untergliederungen des Vernunftbegriffs, die fundamentale Unterscheidung der Erscheinungen und des ‚Dinges an sich' sowie das methodische Verfahren, das sich an der experimentellen Methodik der Naturwissenschaft orientiert. Der nicht metaphorisch gebrauchte Begriff des Diskurses entfaltet aufgrund seiner Hintergrundmetaphorik seine Wirkung im Diskurs und fasst die Basis allen Denkens zusammen. Aus ihm entwickelt Kant die skeptische Methode

zur kritischen Untersuchung von Thesen und Antithesen mitsamt ihren Begründungen.

Das Verhältnis der beiden metaphorischen Vorstellungen zueinander spiegelt gleichsam das Verhältnis von reiner und praktischer Vernunft wider.

Während die Diskursivität als primäre Struktur allem Denken zugrunde liegt, ist die sekundäre Struktur eine Konstruktion.

In Kants Vorwort zur Kritik der reinen Vernunft in der 2. Auflage von 1787 finden sich zwei Anhaltspunkte

dafür, wie er selbst das Verhältnis beider Konzepte zueinander versteht. Kant geht von der Einheit der Vernunft aus und unterscheidet im Begrifflichen zwei Erkenntnisweisen:

So fern in diesen [Wissenschaften] nun Vernunft sein soll, so muß darin etwas a priori erkannt werden, und ihre Erkenntniß kann auf zweierlei Art auf ihren Gegenstand bezogen werden, entweder diesen und seinen Begriff (der anderweitig gegeben werden muß) bloß zu bestimmen, oder ihn auch wirklich zu machen. Die erste ist die theoretische, die andere praktische Erkenntniß der Vernunft.

Im Rahmen seiner Analogie der Vernunftwissenschaft zur Naturwissenschaft verweist Kant darauf, wie die empirische Naturwissenschaft bei ihrer Erkenntnisgewinnung vorgeht. Dabei vergleicht er ihre experimentelle Methode mit der Verhörmethode eines Richters bei einer Vernehmung bzw. Zeugenbefragung:

Ich will hier nur die Naturwissenschaft, so fern sie auf empirische Principien gegründet ist, in Erwägung ziehen.

Als Galilei seine Kugeln die schiefe Fläche mit einer von ihm selbst gewählten Schwere herabrollen, oder Torricelli die Luft ein Gewicht, was er sich zum voraus dem einer ihm bekannten Wassersäule gleich gedacht hatte, tragen ließ, oder in noch späterer Zeit Stahl Metalle in Kalk und diesen wiederum in Metall verwandelte, indem er ihnen etwas entzog und wiedergab:*) so ging allen Naturforschern ein Licht auf. Sie begriffen, daß die Vernunft nur das einsieht, was sie selbst nach ihrem Entwurfe hervorbringt, daß sie mit Principien ihrer Urtheile nach beständigen Gesetzen vorangehen und die Natur nöthigen müsse auf ihre Fragen zu antworten, nicht aber sich von ihr allein gleichsam am Leitbande gängeln lassen müsse; denn sonst hängen zufällige, nach keinem vorher entworfenen Plane gemachte Beobachtungen gar nicht in einem nothwendigen Gesetze zusammen, welches doch die Vernunft sucht und bedarf. Die Vernunft muß mit ihren Principien, nach denen allein übereinstimmende Erscheinungen für Gesetze gelten können, in einer Hand und mit dem Experiment, das sie nach jenen ausdachte, in der anderen an die Natur gehen, zwar um von ihr belehrt zu werden, aber nicht in der Qualität eines Schülers, der sich alles vorsagen läßt, was der Lehrer will, sondern eines bestallten Richters, der die Zeugen nöthigt auf die Fragen zu antworten, die er ihnen vorlegt. Und so hat sogar Physik die so vortheilhafte Revolution ihrer Denkart lediglich dem Einfalle zu verdanken, demjenigen, was die Vernunft selbst in die Natur hineinlegt, gemäß dasjenige in ihr zu suchen (nicht ihr anzudichten), was sie von dieser lernen muß, und wovon sie für sich selbst nichts wissen würde. Hiedurch ist die Naturwissenschaft allererst in den sicheren Gang einer Wissenschaft gebracht worden, da sie so viel Jahrhunderte durch nichts weiter als ein bloßes Herumtappen gewesen war.

Es wird deutlich, dass Kant an dieser Stelle das Bild des Richters und dessen Vernehmungstaktik, welche an anderer Stelle für den Begriff der praktischen Vernunft und seine Diskursivität stehen, als Vergleichsmoment und Metapher in die Darstellung der Arbeitsweise der empirischen Naturwissenschaft implementiert. Die Naturwissenschaft selbst wiederum fungiert als Vorbild für die Vernunftwissenschaft, welche ihrerseits die Hypothesenbildung und das Experiment als Verfahrensweisen übernehmen soll. Für den Bereich der Vernunftwissenschaft sind die Begriffe ‚Experiment' und ‚Hypothese' jedoch als Metaphern zu verstehen.

Deren bildliche Darstellung als richterliche Vernehmung in Bezug auf die Naturwissenschaft entwickelt nun jedoch in Bezug auf die Vernunftwissenschaft die Qualität eines konkreten Verfahrens, das angewendet werden kann. Das Gerichtswesen dient demnach als Paradigma für die empirische Naturwissenschaft, und die empirische Naturwissenschaft dient als Paradigma für die Philosophie als Vernunftwissenschaft.

Es zeigt sich also schon vor der Erörterung des Begriffs der Vernunft eine Verschränkung beider metaphorischer Vorstellungen, welche die diskursive Verhörmethode als grundlegend ansieht und die Naturwissenschaft als Vergleichsmoment heranzieht. Ein möglicher Ansatzpunkt zur Interpretation dieses Verhältnisses könnte sich aus Blumenbergs „Exkurs: Auge und Ohr" ergeben:

Die metaphorischen Aussagequalitäten von ‚Auge' und ‚Ohr' implizieren eine ganze Phänomenologie der Sinnesvermögen. [...] Das Sehen ‚stellt' die Dinge, das Hören wird gestellt; es gibt den ‚Zuhörer' nicht in demselben Sinne des Unbeteiligtseins wie den ‚Zuschauer'. [...] Schließlich ist die Metaphorik des ‚Hörens' noch bedeutsam für die Erfassung des Phänomens der Tradition. Das ‚Sehen' ist auf Wiederholung autoptischer Erfahrung eingestellt, am deutlichsten durch die Restitution des Phänomens selbst in aller experimentellen Methodik. Die Forderung der Präsenz des Gegenstandes ist der Ausgangspunkt der modernen Wissenschaftsidee, und diese Forderung wird bei Bacon und Descartes formuliert in Gegensetzung zur Geltung von auctoritas. Angewiesensein auf Tradition erscheint hier als ein prinzipieller Mangel der Erkenntnis. Dieser Vorwurf setzt voraus, daß die Vernunft es nicht nötig hat zu ‚hören', weil sie jederzeit ihre Gegenstände zu ‚Sicht' (Experiment) und ‚Einsicht' (Deduktion) bringen kann.

Bei Kant bekommt das Hören und Vernehmen im Kontext der Naturwissenschaft und seiner experimentellen Verfahrensweisen eine neue Aussagequalität, die sich von derjenigen, die Blumenberg beschreibt, abgrenzt. Gleichzeitig steht es als ein Hören und Vernehmen der Naturwissenschaft im Kontext einer Vernunftwissenschaft und bekommt dadurch ebenfalls eine weitere neue Aussagequalität. Diese Zusammenhänge können hier leider nicht im Rahmen dieses Beitrags untersucht werden.

Aus dem Begriff der Vernunft, den Kant entwickelt, ergeben sich Konsequenzen für Kants eigenen Diskurs sowie für den allgemeinen philosophischen Diskurs. Die Diskursivität der Kritik der reinen und praktischen Vernunft führt letztendlich zu der Auffassung, dass der Diskurs als konstitutives Moment der Aufklärung in emanzipatorischem Sinn anzusehen sei.

Der Mensch als sinnliches Wesen der Natur besitzt nach Kant ein graduell abgestuftes Bewusstsein von der ihn umgebenden Natur und von sich selbst als Teil der Natur. Dasjenige aber, was als Vernunft bezeichnet wird, ist allen vernünftigen Wesen gemein und kommt daher auch dem Menschen als einem Vernunftwesen zu. Es ist mit hellen und klaren Begriffen verbunden, die in sich keinen Widerspruch erlauben und von jedem vernünftigen Wesen bei einer angemessen langen Überlegung, die Vernunftgesetzen folgt, herausgefunden und eingesehen werden. Da der Weg zur Erkenntnis jedoch gegangen werden muss, weil diese Begriffe anfangs noch nicht vorliegen, ist der Einwand von Hans Blumenberg nicht von der Hand zu weisen, dass Vernunft nicht ausschließlich in solchen Begriffen, sondern auch im Unbegrifflichen und Metaphorischen zu finden ist: „Der Begriff gilt als ein Produkt der Vernunft, wenn nicht sogar ihr Triumph und ist es wohl auch. Das läßt aber nicht die Umkehrung zu, Vernunft sei nur dort, wo es gelungen oder wenigstens angestrebt sei, die Wirklichkeit, das Leben oder das Sein - wie immer man die Totalität nennen will - auf den Begriff zu bringen."

Anhang

Graph: Abb. 1: Lichtenbergs ‚Sudelbuch' K, Blatt 10, Paginierung I (1793). Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen.

Graph: Abb. 2: Schema „Kants System der Erkenntnisse" [eigene Darstellung, E.M.].

Literaturverzeichnis

Internetquellen

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Acknowledgement

The author is grateful to Dr. Kay Zenker, Department of Philosophy at University of Münster WWU, for helpful comments and useful feedback on some versions of this paper. She would like to thank the staff of Institute of Slavic Studies for kind support. Special thanks to Prof. Dr. Alfred Sproede, Dr. des. Alina Strzempa, secretary Petra Voß, and to the participiants of colloquium for interesting discussions and for the translation from German to English. Thanks to Rolf Röper, SUB Göttingen, for the digitised autograph and to the reviewers for helpful comments.

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In: Blumenberg, Hans: Theorie der Unbegrifflichkeit(1975). Hrsg. von Anselm Haverkamp. Frankfurt am Main 2007, 97 f. [In diesem Beispiel und den folgenden Beispielen sind die Metaphern durch Kursivdruck kenntlich gemacht, E.M.] Vgl. auch Blumenbergs Erläuterung zum ersten Beispiel in Blumenberg, Hans: „Ausblick auf eine Theorie der Unbegrifflichkeit (1979)". In: Blumenberg, Hans: Ästhetische und metaphorologische Schriften. Hrsg. von Anselm Haverkamp. Frankfurt am Main 2014, 194 f. Siehe Blumenberg, Hans: Theorie der Unbegrifflichkeit (1975), 37, 62. Siehe Blumenberg, Hans: Theorie der Unbegrifflichkeit (1975), 69, 82. Siehe Blumenberg, Hans: Paradigmen zu einer Metaphorologie. Frankfurt am Main 2015, 10. Siehe Blumenberg, Hans: Paradigmen zu einer Metaphorologie, 12 f. Blumenberg, Hans: „Mythos und Metaphorik". In: Blumenberg, Hans: Paradigmen zu einer Metaphorologie, 112. Blumenberg, Hans: „Ausblick auf eine Theorie der Unbegrifflichkeit (1979)". In: Blumenberg, Hans: Ästhetische und metaphorologische Schriften. Hrsg. von Anselm Haverkamp. Frankfurt am Main 2014, 205. Blumenberg, Hans: „Ausblick auf eine Theorie der Unbegrifflichkeit (1979)". In: Blumenberg, Hans: Ästhetische und metaphorologische Schriften , 195. Siehe auch: Blumenberg, Hans: Theorie der Unbegrifflichkeit (1975) , 60. Vgl. Blumenberg, Hans: „Anhang: Bruchstücke des ‚Ausblicks auf eine Theorie der Unbegrifflichkeit'". In: Blumenberg, Hans: Theorie der Unbegrifflichkeit (1975) , 98. Blumenberg, Hans: „Licht als Metapher der Wahrheit. Im Vorfeld der philosophischen Begriffsbildung. (1957)". In: Blumenberg, Hans: Ästhetische und metaphorologische Schriften, 170. Blumenberg, Hans: „Der genetische Code und seine Leser". In: Blumenberg, Hans: Die Lesbarkeit der Welt. Frankfurt am Main 2014, 388-396. Blumenberg, Hans: „Der genetische Code und seine Leser". In: Blumenberg, Hans: Die Lesbarkeit der Welt , 377 f. Blumenberg, Hans: „Der genetische Code und seine Leser". In: Blumenberg, Hans: Die Lesbarkeit der Welt, 408. Personenbezeichnungen, die nicht auf konkrete Personen als Designat referieren, werden in diesem Beitrag unabhängig von prinzipiell eventuell möglichen semantischen Kategorien des Sexus und des Genders verwendet. Ihrem grammatischen Genus soll in dieser Hinsicht keine Aussagefunktion zugeschrieben werden. Es soll auch keine Diskriminierung daraus erfolgen. Lichtenberg, Georg Christoph: Aphorismen und andere Sudeleien. Hrsg. von Ulrich Joost. Stuttgart 2010, 80 f. Darin wird verwiesen auf Lichtenberg, Georg Christoph: „Sudelbuch K/312"; Lichtenberg-Jahrbuch 1992. Band 4. Hrsg. von Ulrich Joost, Wolfgang Promies u. a. Saarbrücken 1992, 12, sowie auf Lichtenberg, Georg Christoph: Vermischte Schriften. Hrsg. von Ludwig Christian Lichtenberg und Friedrich Kries. [Band 9: Physikalische und mathematische Schriften 4.] Göttingen 1800-1806, 152 f. Lichtenberg, Georg Christoph: Aphorismen und andere Sudeleien. Hrsg. von Ulrich Joost. Stuttgart 2010, 80 f. Darin wird verwiesen auf Lichtenberg, Georg Christoph: „Sudelbuch K/314"; Lichtenberg-Jahrbuch 1992. Band 4, 12, sowie auf Lichtenberg, Georg Christoph: Vermischte Schriften.Band 9: Physikalische und mathematische Schriften 4, 153 f. Siehe Blumenberg, Hans: Paradigmen zu einer Metaphorologie. Frankfurt am Main 2015, 10. Siehe Blumenberg, Hans: „Die Metaphorik der ‚mächtigen' Wahrheit". In: Blumenberg, Hans: Paradigmen zu einer Metaphorologie, 15. Blumenberg, Hans: „Die Metaphorik der ‚mächtigen' Wahrheit". In: Blumenberg, Hans: Paradigmen zu einer Metaphorologie, 16. Blumenberg, Hans: „Die Metaphorik der ‚mächtigen' Wahrheit". In: Blumenberg, Hans: Paradigmen zu einer Metaphorologie, 20. Ibid. Siehe Blumenberg, Hans: Paradigmen zu einer Metaphorologie, 13. Vgl. Blumenberg, Hans: Theorie der Unbegrifflichkeit (1975), 107. Blumenberg, Hans: „Wahrheitsmetaphorik und Erkenntnispragmatik". In: Blumenberg, Hans: Paradigmen zu einer Metaphorologie, 23, 25. Blumenberg, Hans: Theorie der Unbegrifflichkeit (1975), 107. Blumenberg, Hans: „Wahrheitsmetaphorik und Erkenntnispragmatik". In: Blumenberg, Hans: Paradigmen zu einer Metaphorologie, 23. Blumenberg, Hans: „Wahrheitsmetaphorik und Erkenntnispragmatik". In: Blumenberg, Hans: Paradigmen zueiner Metaphorologie, 25. [Hervorhebung im Original, E.M.] Blumenberg, Hans: „Organische und mechanische Hintergrundmetaphorik". In: Blumenberg, Hans: Paradigmen zu einer Metaphorologie, 91. Ibid. Ibid. Immanuel Kant (1724-1804) hat zum Thema ‚Vernunft' mehrere Bücher und Aufsätze verfasst. Zu den Texten gehören zum Beispiel: Die Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? (1783), Kritik der reinenVernunft (1781,²1787), Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (1785), Kritik der praktischen Vernunft (1788) und Kritik der Urteilskraft (1790, ²1793). Dabei fungiert die Schrift Grundlegung zur Metaphysik derSitten als eine Art Metatext, da sie den Gang der vorherigen und noch folgenden Überlegungen reflektiert und zusammenfasst. Dieser Text setzt die Begrifflichkeiten, die Kant in seinem Buch Kritik der reinenVernunft einführt, jedoch schon voraus. Da der Umfang dieses Beitrags begrenzt ist, sind nicht alle genannten Texte herangezogen worden, sondern vorwiegend die Kritik der reinen Vernunft (²1787) und die Kritik derpraktischen Vernunft (1788), vereinzelt auch die Kritik der Urteilskraft (²1793). Blumenberg, Hans: „Der genetische Code und seine Leser". In: Blumenberg, Hans: Die Lesbarkeit der Welt, 372-409. Zur Methodik vgl. Blumenberg, Hans: „Ein terminologisch-metaphorologischer Querschnitt zur Wahrheitsvorstellung". In: Blumenberg, Hans: Paradigmen zu einer Metaphorologie, 49. Vgl.[4], Helmut: Sprache, Literatur und Literaturwissenschaft, Medien. Frankfurt am Main 2009, 226 f.: „Da aber schon für die begrifflichen Diskurse, ja selbst für die Alltagsdiskurse sich nichtsdestoweniger die Notwendigkeit der Auslegung ergeben kann, weil nämlich der Sprache ihre konstitutive Metaphorizität nicht zu nehmen ist, wieviel mehr gilt diese Notwendigkeit für alle Texte, die als literarische gerade aus dieser Metaphorizität hervorgehen." Vgl. hier KpV, AA 05: 79.13-19. KrV, B 24. KrV, B 29. Zum Begriff ‚Metapher' siehe Hills, David: „Metaphor". In: The Stanford Encyclopedia of Philosophy.Hrsg. von Edward N. Zalta. Stanford 2017, 1-23. Online verfügbar unter der URL: , zuletzt geprüft am 6. Februar 2018. Der Verstand wird allgemein als „Vermögen der Erkenntnisse" bezeichnet. Siehe KrV, B 137. Vgl. KrV, B 169: Verstand, Urteilskraft und Vernunft sind die oberen Erkenntnisvermögen. KrV, B 863. An anderer Stelle wird der Begriff der Vernunft umfassender gesehen: vgl. KrV, B 355; KrV, B 356; KrV, B 359; KrV, B 671 f. Verstand und Vernunft werden einander entgegengesetzt. KrV, B 685 f. Vgl. Blumenberg, Hans: „Die Metaphorik der ‚mächtigen' Wahrheit". In: Blumenberg, Hans: Paradigmen zu einer Metaphorologie, 15. Blumenberg, Hans: „Die Metaphorik der ‚nackten' Wahrheit". In: Blumenberg, Hans: Paradigmen zu einer Metaphorologie, 39 f. [Hervorhebungen im Original, E.M.] Siehe Blumenberg, Hans: „Licht als Metapher der Wahrheit. Im Vorfeld der philosophischen Begriffsbildung" (1957). In: Blumenberg, Hans: Ästhetische und metaphorologische Schriften, 168-170. Hume, David: An Enquiry concerning Human Understanding. Hrsg. von Falk Wunderlich. Stuttgart 2016, [4.23] 110. Vgl. Hume, David: An Enquiry concerning Human Understanding, [1.11] 22, [7.5] 168, [7.26] 194, [8.7] 216. Vgl. KrV, B 297. Vgl. auch KrV, B XVf. [Vorrede zur zweiten Auflage]. Anmerkung *) zu KrV, B XVIII [Vorrede zur zweiten Auflage; KrV, AA 03: 13.24-38]. Anmerkung *) zu KrV, B XXI [Vorrede zur zweiten Auflage; KrV, AA 03: 14.26-33]. KpV, AA 05: 92.24-33. Diese Verknüpfung selbst ist jedoch auch inhaltlich für die Bestimmung, wie Erkenntnis entsteht, maßgeblich. So müssen laut Kant Sinnlichkeit und Verstand zusammenwirken, damit überhaupt Erkenntnis möglich ist. Siehe KrV, B 1; KrV, B 33; KrV, B 59 f.; KrV, B 93; Anmerkung *) zu KrV, B 162 [KrV, AA 03: 126.31-35]; KrV, B 165. Auf weitere Unterschiede wird an dieser Stelle nicht näher eingegangen. Es könnte darüber diskutiert werden, ob es sich bei dem Maler um einen Handwerker oder Künstler handeln soll und ob ein Farbvergleich nach Zusetzung von Farbtönen zwischen einer natürlichen Erscheinung und einem Kunstwerk oder zwischen dem früheren Zustand eines Kunstwerks und seinem späteren Zustand stattfinden soll. Auch könnte ein Maler nicht nur eine äußere Erscheinung, sondern eine eigene innere Vorstellung zugrunde legen, der er sein Kunstwerk anzunähern sucht, während dies der Chemiker eben gerade nicht tut, denn er will die chemische Substanz durch den Zusatz zu einer Reaktion veranlassen, um seine Hypothese über ihre Zusammensetzung zu widerlegen oder zu bestätigen. Es ist davon auszugehen, dass ein anderer Chemiker dasselbe Experiment mit dieser Substanz durchführen kann und dabei dieselbe Reaktion erfolgt. Vgl. KrV, B 863. Blumenberg, Hans: Theorie der Unbegrifflichkeit (1975), 47. Blumenberg, Hans: Theorie der Unbegrifflichkeit (1975), 48 f. Blumenberg, Hans: Theorie der Unbegrifflichkeit (1975), 57. Blumenberg, Hans: „Das Hamburger Buch der Natur und sein Königsberger Reflex". In: Blumenberg, Hans: Die Lesbarkeit der Welt, 195. Vgl. Siehe Blumenberg, Hans: Paradigmen zu einer Metaphorologie, 12. Hier und im Folgenden ist jedoch keine rhetorische Figur in dem Sinn gemeint, dass sie als ein Stilmittel zur rhetorischen bzw. poetischen Ausschmückung oder Illustration dient, sondern es handelt sich nur um eine Metapher, die sich explizit als Figur von dem Kontext abhebt. Ihr Gebrauch muss von ihrer Gestalt unterschieden werden. Vgl. Hills, David: „Metaphor". In: The Stanford Encyclopedia of Philosophy.Hrsg. von Edward N. Zalta. Stanford 2017, 1-23. Online verfügbar unter der URL: , zuletzt geprüft am 6. Februar 2018. Vgl. die explizit verwendete Metapher des ‚Schlüssels zum Labyrinth' in KpV, AA 05: 107.28-30, vgl. auch KrV, B 356; KrV, B 508 f. KrV, B 39; KrV, B 47; KrV, B 93; KrV, B 170; KrV, B 201; KrV, B 747. KpV, AA 05: 137.12. Vgl. hier auch KU, AA 05: 352.34-36: Anmerkung *) zu KU, AA 05: 352. 7. Vgl. KrV, B 6; KrV, B 165; KrV, B 762; KrV, B XX [Vorrede zur zweiten Auflage]; KrV, B 16; KrV, B 433; KrV, B 768; KrV, B 121; KrV, B 270; KrV, B 779. KpV, AA 05: 15.11; KpV, AA 05: 12.19; KpV, AA 05: 48.30; KpV, AA 05: 55.28; KpV, AA 05: 104.27; KpV, AA 05: 127.04; KpV, AA 05: 52.17; KpV, AA 05: 93.13; KpV, AA 05: 108.31. Vgl. den Artikel „Diskurs" im Goethe-Wörterbuch unter: http://www.woerterbuchnetz.de/GWB?lemma=diskurs. [Abrufdatum: 19. Februar 2016]. KrV, B 93. Es ist laut Kant empirisch zu beobachten, dass der Verstand diskursiv sei. Siehe KpV, AA 05: 137.10-16. Vgl. hierzu Blumenberg, Hans: „Exkurs: Auge und Ohr". In: Blumenberg, Hans: „Licht als Metapher der Wahrheit. Im Vorfeld der philosophischen Begriffsbildung" (1957). In: Blumenberg, Hans: Ästhetische undmetaphorologische Schriften, 163. Vgl. den Artikel im Deutschen Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm unter http://www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemma=vernehmen. [Abrufdatum: 11. Dezember 2017]. KrV, B 33; KrV, B 61. KrV, B 93; KrV, B 309. Vgl. KrV, B 154; KrV, B 167; KrV, B 295 f. Kant unterscheidet Rezeptivität von Spontaneität. Siehe Anmerkung *) zu KrV, B 277 in Anmerkung 1 [KrV, AA 03: 192.28-37]. Vgl. KrV, B 67 ff. Vgl. KrV, B IXf. [Vorrede zur zweiten Auflage] Vgl. die Abbildung 2: „Kants System der Erkenntnisse". KrV, B IXf. [Vorrede zur zweiten Auflage]. KrV, B X [Vorrede zur zweiten Auflage]. KrV, B 24. Zur Unterscheidung des empirischen Begriffs, d. h. des Erfahrungsbegriffs, vom Vernunftbegriff siehe KrV, B 377. Vgl. KrV, B 590; KrV, B 591 f. Vgl. KrV, B XIIIf [Vorrede zur zweiten Auflage]. Kant unterscheidet nicht zwischen einer göttlichen oder menschlichen Vernunft, sondern meint, dass die Wissenschaft, d. h. die Physik, von der Natur lernen muss, indem sie Hypothesen aufstellt und Experimente anstellt und dadurch quasi die Natur wie ein Richter bei einer Vernehmung ‚befragt'. KpV, AA 05: 3.10-13 [Vorrede]. KpV, AA 05: 30.38 f. KpV, AA 05: 31.36 f. Vgl. KpV, AA 05: 27.21-32. KpV, AA 05: 31.09-13. Ohne sie könnte es ein impulsives Agieren und reflexartiges Reagieren geben. Vgl. KpV, AA 05: 20.06-14; KpV, AA 05: 20.20-29; KpV, AA 05: 21.06-09. Vgl. KrV, B 377 f.; KrV, B 597. Siehe KrV, B XXXV [Vorrede zur zweiten Auflage]. Vgl. Blumenberg, Hans: Theorie der Unbegrifflichkeit (1975), 55. Wenn jedoch der Austausch der Hintergrundmetaphorik des Begriffs ‚diskursiv' und seines Begriffszusammenhangs problemlos ohne inhaltliche Bedeutungsveränderungen gelingen sollte und der Begriffs- und Sinnzusammenhang des Originals trotz anderer Hintergrundmetaphorik in einer Übersetzung beibehalten wird, dann kann es allerdings keine Bestätigung, sondern nur eine Widerlegung der Annahme geben, dass die Hintergrundmetaphorik des Begriffs ‚diskursiv' eine wichtige Rolle in Kants Theoriebildung einnehme. KrV, B 92 f. [Hervorhebung von mir, E.M.] Vgl.https://de.langenscheidt.com/latein-deutsch/intellegere. [Abrufdatum: 11. Dezember 2017]. Die Synonyme wurden unter Eingabe der Lemmata bzw. ihrer Wortstämme wie ‚erkennen' und ‚spontan' im Synonymwörterbuch unter http://www.synonyme.de bzw. im Duden unter https://www.duden.de eruiert. [Abrufdatum: 11. Dezember 2017]. Diese englische Übersetzung von KrV, B 92 f. wird an dieser Stelle zitiert, um den Unterschied der englischen Übersetzung zum deutschen Originaltext aufzuzeigen. Sie befindet sich in Kant, Immanuel: Critick of Pure Reason. Translated [by Francis Haywood] from the Original of Immanuel Kant. London 1838, 70 f. Online verfügbar unter https://babel.hathitrust.org/cgi/pt?id=mdp.39015073685698 [Hervorhebungen in der Übersetzung, E.M., Abrufdatum: 6. Februar 2018]. Der Originaltext lautet: „Der Verstand wurde oben bloß negativ erklärt: durch ein nichtsinnliches Erkenntnißvermögen. Nun können wir unabhängig von der Sinnlichkeit keiner Anschauung theilhaftig werden. Also ist der Verstand kein Vermögen der Anschauung. Es giebt aber außer der Anschauung keine andere Art zu erkennen, als durch Begriffe. Also ist die Erkenntniß eines jeden, wenigstens des menschlichen Verstandes eine Erkenntniß durch Begriffe, nicht intuitiv, sondern discursiv. Alle Anschauungen als sinnlich beruhen auf Affectionen, die Begriffe also auf Functionen. Ich verstehe aber unter Function die Einheit der Handlung, verschiedene Vorstellungen unter einer gemeinschaftlichen zu ordnen. Begriffe gründen sich also auf der Spontaneität des Denkens, wie sinnliche Anschauungen auf der Receptivität der Eindrücke. Von diesen Begriffen kann nun der Verstand keinen andern Gebrauch machen, als daß er dadurch urtheilt. Da keine Vorstellung unmittelbar auf den Gegenstand geht, als bloß die Anschauung, so wird ein Begriff niemals auf einen Gegenstand unmittelbar, sondern auf irgend eine andre Vorstellung von demselben (sie sei Anschauung oder selbst schon Begriff) bezogen. Das Urtheil ist also die mittelbare Erkenntniß eines Gegenstandes, mithin die Vorstellung einer Vorstellung desselben. In jedem Urtheil ist ein Begriff, der für viele gilt und unter diesem Vielen auch eine gegebene Vorstellung begreift, welche letztere denn auf den Gegenstand unmittelbar bezogen wird." (KrV, B 92 f.) Vgl. auch die Übersetzungsvarianten zu den jeweiligen Begriffen unter https://dictionary.cambridge.org/dictionary/german-english. [Abrufdatum: 11. Dezember 2017]. Diese Übersetzung von KrV, B 92 f. ins Englische wird an dieser Stelle zitiert, um den Unterschied zur oben genannten Übersetzung von 1838 sowie zum Original aufzuzeigen. Sie befindet sich in diesem Buch: Kant, Immanuel: Immanuel Kant's Critique of Pure Reason. Translated by Norman Kemp Smith. London 1929, 105. Online verfügbar unter https://archive.org/details/immanuelkantscri032379mbp, Abrufdatum: 6. Februar 2018. Der Originaltext (KrV, B 92 f.) findet sich in Anmerkung 99. Vgl. KrV, B XXI [Vorrede zur zweiten Auflage]; KrV, B 2; KrV, B 7; KrV, B 17; KrV, B 20 f.; KrV, B 64; KrV, B 65; KrV, B 362 etc. KrV, B XIII [Vorrede zur zweiten Auflage]. Blumenberg, Hans: „Wahrheitsmetaphorik und Erkenntnispragmatik". In: Blumenberg, Hans: Paradigmen zu einer Metaphorologie, 44. Blumenberg, Hans: „Wahrheitsmetaphorik und Erkenntnispragmatik". In: Blumenberg, Hans: Paradigmen zu einer Metaphorologie, 43 f. Vgl. KpV, AA 05: 25.20-24; KpV, AA 05: 143.32-144.38 [Anmerkung *) zu KpV, AA 05: 143.31]: „Hier aber ist es ein Vernunftbedürfniß [...]; mithin ist es für jedes vernünftige Wesen in der Welt auch unvermeidlich, dasjenige vorauszusetzen, was zu dessen objectiver Möglichkeit nothwendig ist." KpV, AA 05: 144.14: „[...] kann doch niemand behaupten wollen." Siehe KpV, AA 05: 35.11-18. Vgl. KpV, AA 05: 36.17-35; KpV, AA 05: 37.05-13. Vgl. KrV 414 f.; Anmerkung *) zu KrV, B 415 [KrV, AA 03: 271.27-37]: Es gebe nur „viele Grade des Bewußtseins". Vgl. KrV, B 705 f.; KrV, B 708 [KrV, AA 03: 448.22-449.03]. KrV, B 102 f.; Anmerkung *) zu KrV, B 131 [KrV, AA 03: 108.31-35]; KrV, B 160; KrV, B 207 f. KrV, B 133. KrV, B 414 f.; Anmerkung *) zu KrV, B 415 [KrV, AA 03: 271.27-37]. Vgl. KrV, B 157-165 [§§ 25 f.]. Blumenberg, Hans: Theorie der Unbegrifflichkeit (1975). Hrsg. von Anselm Haverkamp. Frankfurt am Main 2007. Vgl.[14], Friedrich: „19. Brief". In: Schiller, Friedrich: Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen. Hrsg. von Klaus L. Berghahn. Stuttgart 2000, 77 f. Vgl. KrV, B 5 f.; KrV, B 355 f.; KrV, B 357; KrV, B 367 f.; KrV, B 373. Kant verwendet hier auch den Ausdruck ‚Vernunftbegriff' in Bezug auf bestimmte einzelne Begriffe, die die Möglichkeit der Erfahrung übersteigen und Ideen sind. Vgl. KrV, B 366 f.; KrV, B 376 f. Vgl. KrV, B XXI [Vorrede zur zweiten Auflage]. Hierbei ist es egal, ob es sich dabei um einen Erfahrungsbegriff oder einen Vernunftbegriff handelt. Vgl. KrV, B 382-384; KrV, B 707 f.; KrV, B 709-711. Vgl. KrV, B 340-342. Siehe auch KrV, B 428 f. Vgl.[5], Christiane: „Kant und die kopernikanische Wende". In: Universal-Lexikon unter http://universal%5flexikon.deacademic.com/258263/Kant%5fund%5fdie%5fkopernikanische%5fWende. [Abrufdatum: 28. September 2017]. Vgl. KrV, B 450; KrV, B 503 f. Siehe zum Beispiel die Verwendung der Personalpronomina in KrV, B 615-617. Sie entspricht der in einem Gespräch. Vgl. KrV, B 557 f.; KrV, B 528 f.; siehe zur skeptischen Methode: KrV, B 451 f. Vgl. KrV, B 313 f., KpV, AA 05: 107.10-108.12. Vgl. Blumenberg, Hans: Theorie der Unbegrifflichkeit (1975), 47. Blumenberg, Hans: „Exkurs: Auge und Ohr". In: Blumenberg, Hans: „Licht als Metapher der Wahrheit. Im Vorfeld der philosophischen Begriffsbildung" (1957). In: Blumenberg, Hans: Ästhetische und metaphorologische Schriften, 163. KrV, B 451 f. KrV, B 693 f. Der erste Anhaltspunkt findet sich in KrV, B IX f. [Vorrede zur zweiten Auflage]. Der zweite Anhaltspunkt findet sich in KrV, B XIII f. [Vorrede zur zweiten Auflage]. KrV, B IX f. [Vorrede zur zweiten Auflage]. KrV, B XIIIf. [Vorrede zur zweiten Auflage]. Vgl. Anmerkung *) zu KrV, B XVIII [Vorrede zur zweiten Auflage; KrV, AA 03: 13.24-38]. Blumenberg, Hans: „Exkurs: Auge und Ohr". In: Blumenberg, Hans: „Licht als Metapher der Wahrheit. Im Vorfeld der philosophischen Begriffsbildung" (1957). In: Blumenberg, Hans: Ästhetische und metaphorologische Schriften, 162-164. WA, AA 08: 37 f. Vgl. bes. WA, AA 08: 37.06-08; WA, AA 08: 37.21-27. Siehe auch: [15], Werner: Das Zeitalter der Aufklärung. München 2001, 115. Blumenberg, Hans: Theorie der Unbegrifflichkeit (1975), 9.

By Esther Marx

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Titel:
Kants Begriff der Vernunft.
Autor/in / Beteiligte Person: Marx, Esther
Link:
Zeitschrift: Kant-Studien, Jg. 110 (2019-03-01), Heft 1, S. 1-48
Veröffentlichung: 2019
Medientyp: academicJournal
ISSN: 0022-8877 (print)
DOI: 10.1515/kant-2019-0003
Schlagwort:
  • Blumenberg
  • metaphorology
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: English
  • Document Type: Article
  • Author Affiliations: 1 = Faculty of Philology (Stud. phil.), Westfälische Wilhelms-Universität, Institute of Slavic Studies/ Department of Philosophy, Schlaunstr. 2, D-48143 Münster Münster, Germany
  • Full Text Word Count: 16720

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