ZUR KRITISCHEN UND POIETISCHEN KRAFT DER DEUTUNG: DIE AUSEINANDERSETZUNG MIT DER GESCHICHTE BEI HÖLDERLIN UND NIETZSCHE.
In: Doitsu Bungaku, Jg. 21 (2022), Heft 1, S. 52-70
Online
academicJournal
Zugriff:
The article examines the engagement with history in Friedrich Hölderlin and Friedrich Nietzsche. Hölderlin develops a historically creative and transformative poetry, while Nietzsche uses interpretation as a motif in his genealogy and the revaluation of all values. The engagement with history by Hölderlin and Nietzsche still holds great significance today. Hölderlin emphasizes the connection between poetry and history and criticizes a purely mechanical view of history. Nietzsche emphasizes forgetting as a creative human capacity and demands that the presentation of history be transformed into art. Both authors emphasize the importance of interpretation in order to enable different perspectives and interpret the world as diverse. [Extracted from the article]
In einer Zeit, wie der heutigen, in der der rechtsextreme Geschichtsrevisionismus wuchert, erscheint zwar das Thema der Geschichte und der Deutung gewissermaßen problematisch, aber es gilt vielmehr, die Welt für verschiedene Deutungsmöglichkeiten offen zu halten, weil es in Wirklichkeit beim Revisionismus um die Leugnung der anderen Deutungen geht. In dieser Hinsicht versucht der Beitrag, das Dichtungs- und Denkmotiv der Deutung von Friedrich Hölderlin und Friedrich Nietzsche in ihrer Affinität aufzuzeigen. Das Motiv hat die kritische und poietische Kraft, ein erstarrtes Verständnis der Geschichte aufzulösen und vielfältige, befreiende Weltsichten zum Ausdruck zu bringen. Hölderlin konzipiert in Fragment Philosophischer Briefe mit den Motiven der Erinnerung und des Danks eine historisch-kreative und transformative Poesie, die den herkömmlichen historischen Zusammenhang in einen neuen verwandelt. Diese Poesie wird durch die Zeichen- und Schrift-Deutung in Brod und Wein und Patmos in die Praxis umgesetzt. Dadurch stiftet der Dichter in einer „dürftigen Zeit“ eine andere Weltsicht von zufälligen und lebendigen Zusammenhängen. Nietzsche hat in seiner frühen Kritik am Historismus vor allem hinsichtlich der metaphysischen Passion, eine höhere deutsche Einheit zu schaffen, bereits große Nähe zu Hölderlin. In seiner späteren Methodik der Genealogie und der Umwertung aller Werte entwickelt er dann ebenso wie Hölderlin die Deutung als Denkmotiv. Die von ihm konzipierte Deutung stellt gleich wie die Kunst den Wert der Wahrheit in Frage und rekonstruiert den beunruhigenden und änigmatischen Charakter der Welt in ihrem Vielerlei. Es gibt aber einen entscheidenden Unterschied zwischen Hölderlin und Nietzsche, weil der Dichter auch die Welt der Deutungslosigkeit ausdrückt, während Nietzsches Weltverständnis durch die Überfülle der Deutungen geprägt ist. Doch sie erschlossen jeder auf seine Weise im späten 18. und 19. Jahrhundert, d. h. in einer Übergangszeit der Geschichtswissenschaft, mittels der Methode der Deutung einen besonderen Umgang mit der Geschichte, was wohl dafür verantwortlich ist, dass beide auf die literarischen und philosophischen Diskurse seit dem 20. Jahrhundert eine starke und anhaltende Anziehungskraft ausübten. [ABSTRACT FROM AUTHOR]
Titel: |
ZUR KRITISCHEN UND POIETISCHEN KRAFT DER DEUTUNG: DIE AUSEINANDERSETZUNG MIT DER GESCHICHTE BEI HÖLDERLIN UND NIETZSCHE.
|
---|---|
Autor/in / Beteiligte Person: | Toshiro, EKI |
Link: | |
Zeitschrift: | Doitsu Bungaku, Jg. 21 (2022), Heft 1, S. 52-70 |
Veröffentlichung: | 2022 |
Medientyp: | academicJournal |
ISSN: | 0387-2831 (print) |
Schlagwort: |
|
Sonstiges: |
|