SIEGFRIED KRACAUERS GESCHICHTSKONZEPT: ZUR RELEKTÜRE VON SEINEM ESSAY DIE PHOTOGRAPHIE.
In: Doitsu Bungaku, Jg. 21 (2022), Heft 1, S. 71-90
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The present study examines Siegfried Kracauer's essay "Die Photographie" from a historical-theoretical perspective. Research has mainly focused on Kracauer's media-theoretical characterization of photography and its political significance, but has neglected the concept of history that plays a central role in the essay. The study argues that the essay can also be considered as an attempt at historical theory and establishes a new connection between Kracauer's works from the 1910s and the historical theory of Georg Simmel. The analysis shows that Kracauer's concept of history does not lie in the photographic reproduction of the past, but in the work of memory. [Extracted from the article]
Die vorliegende Studie versucht, Siegfried Kracauers Essay Die Photographie (1927) aus einer geschichtstheoretischen Perspektive neu zu interpretieren. Bis heute hat die Forschung einerseits Kracauers medientheoretische Charakterisierung der Fotografie herausgearbeitet und andererseits auf die politische bzw. geschichtsphilosophische Bedeutung hingewiesen, die er dem Bildmedium beimisst. Sie hat sich aber noch nicht ausreichend mit dem Geschichtskonzept auseinandergesetzt, das im Essay eine zentrale Rolle zu spielen scheint. Meine Relektüre des Essays lässt sich dadurch begründen, dass das ihm zugrunde liegende Geschichtsverständnis nachvollzogen wird, indem seine in dieser Hinsicht vernachlässigten Werke der 1910er Jahre in einen neuen Zusammenhang mit der epistemologischen Geschichtstheorie Georg Simmels, Die Probleme der Geschichtsphilosophie (1905), gebracht werden. Aufgrund der erkenntnistheoretischen und historiografischen Voraussetzung, die Kracauer mit seinem akademischen Lehrer gemeinsam hat, argumentiert meine Studie, dass der Essay auch als ein geschichtstheoretischer Versuch aufzufassen ist. Nach der Einleitung führe ich zuerst zwei Analogiepaare des Essays aus: Fotografie und Historismus einerseits, Gedächtnisbild und Geschichte andererseits. Dadurch stellt sich heraus, dass das Geschichtskonzept Kracauers nicht in der fotografischen Wiedergabe der Vergangenheit, sondern gleichsam in deren Erinnerungsarbeit besteht. Im Anschluss daran werden die Analoga anhand der Geschichtstheorie Simmels hinterfragt, sodass der Perspektivismus der psychologischen Geschichtserkenntnis auch bei Kracauer ans Licht kommt. Im letzten Kapitel wird die Zweideutigkeit des Historismus, den die bisherige Forschung einseitig negativ bewertet hat, erläutert: Kracauer erkennt die von der modernen Geschichtswissenschaft praktizierte positivistische Faktensammlung an, während er offenbar für die Geschichte auch die narrative Darstellung des erkannten Zusammenhangs der vergangenen Ereignisse für konstitutiv hält. Aus der Analyse seiner früheren theoretischen Arbeiten ergibt sich zum Schluss jene pluralistische und heuristische Charakterisierung der Historiografie, deren Niederschlag der vorliegende Beitrag nicht zuletzt im Filmkonzept des Essays ermittelt. [ABSTRACT FROM AUTHOR]
Titel: |
SIEGFRIED KRACAUERS GESCHICHTSKONZEPT: ZUR RELEKTÜRE VON SEINEM ESSAY DIE PHOTOGRAPHIE.
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Autor/in / Beteiligte Person: | Kazuki, FUKAZAWA |
Link: | |
Zeitschrift: | Doitsu Bungaku, Jg. 21 (2022), Heft 1, S. 71-90 |
Veröffentlichung: | 2022 |
Medientyp: | academicJournal |
ISSN: | 0387-2831 (print) |
Schlagwort: |
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